568 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung.
suchs einer inländischen Schule zur Erfüllung der all-
gemeinen Schulpflicht.
Grundlegend für die Gestaltung des preußischen Volksschulwesens
ist die gesetzliche Festlegung einer allgemeinen Schulpflicht. Das
preußische AL. spricht es wiederholt (vgl. § 75 II 2 8§ 7, 43, 42,
46, 48 II 12) aus, daß die schulpflichtigen Kinder (d. h. vom fünften
Lebensjahre ab), abgesehen von dem zugelassenen Unterricht im Hause
der Eltern, den Unterricht nur an einer inländischen Schule erhalten
sollen. Im Einklang damit steht auch die Kab. O. vom 14. Mai
1825, deren Eingang lautet: „Damit im ganzen Umfange der Mo-
narchie die Schulzucht mit Erfolg gehandhabt und nirgend der Schul-
besuch vernachlässigt werde, setze J auch für diejenigen
Landesteile, in welche das Allgemeine Landrecht bisher noch nicht
eingeführt ist, in Ubereinstimmung mit den Vorschriften desselben hiermit
fest“: daß Eltern oder deren gesetzliche Vertreter, welche nicht nach-
weisen können, daß sie für den nötigen Unterricht ihrer Kinder im
Hause sorgen, erforderlichenfalls durch Zwangsmittel und Strafen an-
gehalten werden sollen, jedes Kind nach wurücgelegtem fünften Jahre
zur Schule zu schicken (Nr. 1). Daß dieser obligatorische Schul-
unterricht nur an einer preußischen Schule zuteil werden soll, folgt
aus der weiteren, in Nr. 2 enthaltenen Bestimmung, daß der regel-
mäßige Besuch der Lehrstunden solange fortgesetzt werden muß, bis
das Kind nach dem Befunde seines Seelsorgers die einem jeden ver-
nünftigen Menschen seines Standes notwendigen Kenntnisse erworben
hat; denn die dem Seelsorger, an dessen Stelle nach dem Gesetz vom
11. März 1872 die Lokal= und Kreisschulinspektoren getreten sind,
als einem Organe der preußischen Schulbehörde überlassene Entscheidung
kann von diesem nur bezüglich der Forzetung des Unterrichts an
einer preußischen Schule und der Entlassung aus einer solchen getroffen
werden. Ebenso ist nach Nr. 3 die Aufsicht über die Regelmäßigkeit
des Schulbesuchs der Obrigkeit und dem geistlichen Schulvorsteher
übertragen, also den staatlichen Schulaufsichtsbehörden, die die Regel-
mäßigkeit des Schulbesuchs nur an den inländischen Schulen ihrer
Aussicht unterstellen können. Bezüglich der inländischen Schulen besteht
aber kein Unterschied zwischen den öffentlichen Schulen und den
privaten Unterrichts= und Erziehungsanstalten. Denn das ALR., mit
dessen Vorschriften die Kab. O. vom 14. Mai 1825 eine üÜberein-
stimmung erzielen will, verlangt für die Errichtung dieser Anstalten
die staatliche Genehmigung und unterstellt sie der staatlichen Aufsicht
(§§ 2, 3, 4, 5 II 12 ALR). Diese Aufsicht ist in dem Gesetze vom
11. März 1872 ebenfalls dahin festgelegt, daß die Aufsicht über alle
öffentlichen und Privatunterrichts= und Erziehungsanstalten dem Staate
zusteht. Eine Ausnahme von dem Besuch einer inländischen Schule
ist für die Eltern nur dann vorgesehen, wenn sie nachweisen können,
daß sie für den nötigen Unterricht der Kinder in ihrem Hause sorgen.
Die Entscheidung der Frage, ob der hiernach im Hause der Eltern zu-
gelassene Privatunterricht sich als der nötige, also als ein die vom
Staate vorgeschriebenen Anforderungen erfüllender, darstellt, liegt aber