Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

§ 152. Das zußere Schulrecht. 573 
3 das.). Dies gilt nicht nur von den materialrechtlichen Bestimmungen, 
sondern auch von der Art ihrer Geltendmachung. Das preußische 
Fürsorgeerziehungsgesetz vom 2. Juli 1900 schreibt nun aber, übrigens 
im Einklang mit ⅛. 17 des früheren Gesetzes, betr. die Unterbringung 
verwahrloster Kinder, vom 13. März 1878 im § 18 ausdrücklich vor, 
daß die gesetzlichen Bestimmungen über die religiöse Erziehung der 
Kinder auch auf die Fürsorgeerziehung Anwendung finden, und damit 
ist, wie die Fürsorgeerziehung im allgemeinen (vgl. §§ 2, 9 ff. Fürs. 
EG.), so die religiöse Erziehung der Zöglinge noch besonders der 
Verwaltungsbehörde übertragen worden. Die letztere ist es, welche 
für die Dauer der Fürsorgeerziehung die gesetzlichen Bestimmungen 
über die religiöse Erziehung anzuwenden und unter Beachtung der 
Vorschriften des § 9 Abs. 1 Satz 2, 3 Fürs. EG. durchzuführen hat. 
Das Vormundschaftsgericht hat auf die richtige Anwendung und Durch- 
führung der Vorschriften über die religiöse Erziehung einen maßgeben- 
den Einfluß ebensowenig, wie auf diejenigen der Bestimmungen über 
die Fürsorgeerziehung überhaupt. Die Überwachung liegt der staat- 
lichen Aufsichtsbehörde und in höherer Instanz dem Minister des 
Innern ob (vgl. § 20 Fürs. EG. Nr. XI Allg. Best. vom 18. Dezember 
1900). Die Tätigkeit des Vormundschaftsgerichts beschränkt sich, von 
der Möglichkeit behördlicher Vorstellung abgesehen, auf die Sorge für 
eine gesetzliche Vertretung des Kindes für den Fall, daß eine Beschwerde 
bei der Aussichtsbehörde oder dem Minister erforderlich werden sollte. 
Daß dieses der Standpunkt des Fürs. E. ist, daran lassen auch die 
Allg. Best. unter Nr. V keinen Zweifel (ogl. ferner § 5 Regl. 
des Kommunalverbandes Kassel, mitgeteilt bei Aschrott, Fürsorge- 
erziehung S. 287). 
Die Erfüllung der den Eltern bezw. Vormündern, bezüglich der 
schulpflichtigen Kinder obliegenden Pflicht, sie zur Schule zu schicken, 
kann gemäß § 48 II 12 durch Zwangsmittel und Bestrafung der 
nachlässigen Eltern bezw. Vormünder erreicht werden. Die Gültigkeit 
des zit. § 48 ist durch das BGB. nicht berührt worden. Auch unter 
der Herrschaft des BGB. würde der Vormund an sich für verpflichtet 
zu erachten sein, für den regelmäßigen Schulbesuch des Mündels Sorge 
zu tragen und daher wegen Vernachlässigung dieser Pflicht gestraft 
werden können. Denn der Vormund hat das Recht und die Pflicht, 
für die Person des Mündels zu sorgen nach Maßgabe der für die 
elterliche Gewalt geltenden Vorschriften (88 1703, 1800 BG#B.), und 
in der Sorge für die Person des Kindes liegt das Recht und die 
Pflicht das Kind zu erziehen und zu beaufsichtigen (§ 1631 BGB.). 
Diese Ordnungsstrafgewalt auf dem Unterrichtsgebiete liegt als ein 
Teil der Unterrichtsverwaltung den dafür bestellten besonderen Behörden 
ob. Nach dem Gesetz vom 11. März 1872 (GS. S. 183), betr. die 
Beaufsichtigung des Unterrichtswesens, steht in der ganzen Monarchie 
die Aussicht über alle öffentlichen und Privat-, Unterrichts= und Er- 
ziehungsanstalten ausschließlich dem Staate zu. Die Verwaltung des 
Unterrichtswesens ist in den älteren, wie in den neuen Landesteilen 
nicht den Polizeibehörden, sondern besonderen Behörden, den Provinzial-
	        
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