Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

§ 166. Pfandleihgewerbe. 627 
zu deren Rechtsgültigkeit Vereinbarung uud Übergabe des Pfandscheines 
erforderlich ist. 
4. Rechte des Verpfänders. 
Der Verpfänder ist berechtigt, das Pfand jederzeit bis zum Abschlusse 
des Verkaufes einzulösen, wobei die Zinsen nur bis zur Einlösung zu 
berechnen sind. Entgegenstehende Verabredungen sind nichtig (§ 7 des 
Pfandleiheges.). 
5. Rechtslage bei Verpfändung einer fremden Sache 
an den gutgläubigen Pfandleiher. Hat der Verpfänder eine 
ihm nicht gehörige Sache dem Pfandleiher verpfändet, so wird der 
Pfandleiher jetzt auf Grund des § 935 BGB. in Verbindung mit 
§ 1207 BGB. das Pfand dem Eigentümer desselben herausgeben 
müssen, ohne einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrages 
zu haben (anders nach früherem preußischen Recht, vgl. § 80 1 20 
AdL R.). Eine Ausnahme hiervon ist nur für öffentliche Pfandleih- 
anstalten anerkannt (Art. 94 EG. z. BGB.). Hatte dagegen der 
Pfandleiher vor dem Inkrafttreten des BGB. in gutem Glauben eine 
dem Verpfänder nicht gehörige Sache (gestohlen, verloren oder sonst 
abhanden gekommen) in Pfand genommen, so braucht er gemäß § 80 
1 20 AL R. in Verbindung mit § 26 1 15 ALR. nur gegen Erstattung 
des gezahlten Betrages das Pfand herauszugeben. (Vgl. Dernburg 
B. R. Bd. 3 § 102 Nr. V und Stranz-Gerhard, Pr. AG. z. BGB. 
Berlin 1900 Anm. 7 zu Art. 41 AG. z. BGB. S. 257 a. M. 
Heucke in DJZ. 1899 Nr. 22 S. 460). 
6. Offentliche Pfandleihanstalten. In Preußen ist zu 
unterscheiden zwischen kommunalen und staatlichen Pfandleih- 
anstalten. Nach § 21 des Pfandleihegesetzes unterstehen die vom 
Inkrafttreten dieses Gesetzes an errichteten kommunalen Anstalten 
den Vorschriften desselben, jedoch mit der Sonderbestimmung, daß die 
Versteigerung des Pfandes durch einen Anstaltsbeamten erfolgen kann. 
Die Errichtung von Pfandleihanstalten seitens der Gemeinden oder 
weiteren kommunalen Verbände bedarf der Genehmigung. Die 
Reglements dieser Anstalten bedürfen gleichfalls der Genehmigung. 
Über die Genehmigung beziehungsweise Bestätigung beschließt der 
Regierungspräsident, in Berlin, und soweit es sich um Pfandleih- 
anstalten der Provinzialverbände handelt, der Oberpräsident. Die 
Genehmigung des Regierungspräsidenten bezw. des Oberpräsidenten 
darf nur mit Zustimmung des Bezirksausschusses bezw. Provinzial- 
rats versagt werden. Die beteiligten Gemeinden bezw. weiteren 
kommunalen Verbände haften für alle Verbindlichkeiten der von 
ihnen errichteten Anstalten. Die bei der Verwaltung der letzteren 
sich ergebenden Uberschüsse sind zu Zwecken der Armenpflege zu 
verwenden (8 20 des Pfandleiheges.). Früher, vor dem Pfand- 
leihegesetz errichtete Kommunalanstalten werden den Vorschriften des 
Pfandleihegesetzes nach § 22 dann unterworfen, wenn dies der 
Minister des Innern, wozu er ermächtigt ist, anordnet, wobei er 
zugleich im Rahmen des Pfandleihegesetzes die bestehenden Ordnungen, 
Reglements, Statuten ändern kann (Erl. vom 4. November 1881 
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