Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

A. Vergleichende Darstellung des Verwaltungsstreitverfahrens. 633 
welches dieser sechs Mitglieder bei der Abstimmung ausgeschieden ist. Der 
gerügte wesentliche Mangel liegt hier deshalb vor, weil nach § 33 LWG. die Be- 
schlüsse des Bezirksausschusses nach Stimmenmehrheit gefaßt werden sollen, und 
weil bei einer gleichen Anzahl von Richtern mangels einer darüber im Protokoll 
enthaltenen Angabe nicht ersichtlich ist, daß das Urteil nach Stimmenmehrheit gefaßt 
# Ges-. E. vom 12. Juni 1903 Pr. VBl. 25 S. 318 in v. Kamptz Erg. Bd. 8 
6. Dienstanfsicht (Stellung der Behörden). 
Die dienstliche Aufsicht über die Geschäftsführung, auch die im Verwaltungs- 
streitverfahren erfolgende Tätigkeit des Kreis-(Stadt-)ausschusses wird von dem 
Regierungspräsidenten, in Berlin von dem Oberpräsidenten, die Ausfsicht über die 
Geschäftsführung des Bezirksausschusses von dem Regierungspräsidenten geführt. 
Vorstellungen gegen die geschäftlichen Aufsichtsverfügungen des Regierungs- 
präsidenten unterliegen der Beschlußfassung des Oberpräsidenten. Vorstellungen 
gegen die Aufsichtsverfügungen des Oberpräsidenten unterliegen der endgültigen 
Beschlußfassung des Ministers des Innern. Die Aufsichtsbehörden sind zur Vor- 
nahme allgemeiner Geschäftsrevisionen befugt (§ 48 LVG.). 
Für die Juftizverwaltung ist das Recht der Aufsicht in § 78 des preußischen A. 
zum GVG. dahin geordnet, daß die Aufsicht dem Justizminister hinsichtlich sämt- 
licher Gerichte zusteht, dem Präsidenten des Oberlandesgerichts hinsichtlich dieses 
Gerichts, dem Präsidenten des Landgerichts hinsichtlich dieses Gerichts und der 
Gerichte des Bezirks. 
Richterlichen Beamten gegenüber liegt in dem Recht der Aufsicht (§ 78 pr. A. 
z. GVG.) die Befugnis, die ordnungswidrige Ausführung eines Amtsgeschäfts zu 
rügen und zu dessen rechtzeitiger und sachgemäßer Erledigung zu mahnen (Ges. 
vom 9. April 1879 (GS. S. 345] § 23, vgl. auch 2 13 des pr. Ges. vom 7. Mai 
1851, betreffend die Dienstvergehen der Richter pp. GS. S. 218.). 
7. Rechtshilfe. 
Kreis-, Stadt-, Bezirksausschuß (Provinzialrat), Oberverwaltungsgericht haben 
sich gegenseitig Rechtshilfe zu gewähren; sie haben den geschäftlichen Aufträgen und 
Anweisungen der ihnen im Instanzenzuge vorgesetzten Behörden Folge zu leisten 
(LVWG. 8 49). 
Ahnlich ist auch die Rechtshilfe unter den ordentlichen Gerichten geregelt (val. 
§S 158, 159, 160 GVG.). 
8. Geschäftsleitung. Geschäftsgang. 
Dem Vorsitzenden des Kreis-, Stadt-, Bezirksausschusses (Provinzialrats), des 
Senats des OVG. liegt dessen Zusammenberufung, die Geschäftsleitung und die 
Vertretung des Kollegiums ob (§§ 49, 55 LVG.). Für den Geschäftsgang und 
das Verfahren der Kreis-(Stadt-Jausschüsse, der Bezirksausschüsse, (der Provinzialräte) 
und des Oberverwaltungsgerichts sind die Regulative vom 28. Februar 1834 
(VMBl. S. 41, 37 u. 35), und vom 22. Februar 1892 (VMl. S. 133) erlassen. 
9. Die in Verwaltungssachen zulässigen Arten der Arfechtung. 
Das Berhältuis der Klage und Beschwerde zueinander und zu dem 
Aufsichtsrecht der vorgesetzten Behörden. 
Das Gesetz bestimmt, in welcher Weise Verfügungen (Bescheide, Beschlüsse) in 
Verwaltungssachen angefochten werden können. Zur ersten Anfechtung dienen in 
der Regel die Beschwerde oder die Klage im Verwaltungsstreitverfahren (8 50 
Abs. 1 LV.). 
Die Beschwerde ist ausgeschlossen, soweit das Verwaltungsstreitverfahren zu- 
gelassen ist, vorbehaltlich abweichender besonderer Bestimmungen des Gesetzes 
(z. B. bezüglich der Rechtsmittel gegen polizeiliche Verfügungen, § 50 Absf. 2 LVéF.). 
Unberührt bleibt in allen Fallen die Befugnis der staatlichen Aufsichtsbehörden 
innerhalb ihrer gesetzlichen Zuständigkeit, Versugungen und Anordnungen der nach- 
geordneten Behörden außer Kraft zu setzen oder diese Behörden mit Anweisungen
	        
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