Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

58 2. Buch. Die Organe der Staats= und staatlichen Selbstverwaltung. 
seiner Amtspflicht begangenen Handlungen ergreift, hat das BG#B. 
ausdrücklich bestimmt, daß, wenn ein Beamter vorsätzlich oder fahr- 
lässig die ihm einem dritten gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt, 
er diesem den daraus erwachsenen Schaden ersetzen muß. Bei bloßer 
Fahrlässigkeit tritt die Ersatzpflicht nur dann ein, wenn der Verletzte 
nicht auf andere Weise Ersatz verlangen kann (BGB. § 839 Abs. 1), 
wobei es keinen Unterschied macht, ob überhaupt ein anderer zum 
Ersatze verpflichtet, oder ob der an sich Ersatzpflichtige zahlungs- 
unfähig ist. 
Da die Beamten als solche nicht für eigene Rechnung oder für ihr 
Interesse, sondern als Vertreter von Körperschaften handeln, 
so erwächst dem dritten, welchem durch eine in Ausübung ihrer Ver- 
tretungsmacht begangene, zum Schadensersatz verpflichtende, wider- 
rechtliche Handlung Schaden zugefügt worden ist, der Vorteil, diese 
Körperschaft selbst als haftpflichtig in Anspruch nehmen zu können. 
Denn die Vorschrift des BGB., daß eingetragene Vereine für den 
Schaden haften, den ihre verfassungsmäßig berufenen Vertreter, 
insonderheit also der Vorstand und dessen einzelne Mitglieder, einem 
dritten durch zum Schadenersatz verpflichtende Handlungen zugefügt 
haben, welche von ihnen in Ausübung der ihnen zustehenden 
Verrichtungen begangen sind, findet auch auf alle Körperschaften, 
Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts An- 
wendung (§§ 31, 89 BGB.). Zu den letzteren gehört aber außer den 
Kommunalbehörden der Provinzen, Kreise, Städte, überhaupt der 
Ortschaften, vor allem die größte öffentlichrechtliche Körperschaft: Der 
Staat in seiner Eigenschaft als Fiskus. 
Bei der Prüfung der Verpflichtung des Staates für die Handlungen 
seiner Beamten haftbar einzustehen, ist davon auszugehen, daß das 
BGB. in seinen Bestimmungen mit strenger Konsequenz sich auf das 
Privatrecht beschränkt. Alle Fragen des öffentlichen Rechts hat es 
von sich fern gehalten. Dementsprechend hat die vorberatende Kommission 
des Reichstages auch einen Antrag, wonach öffentliche Körperschaften, 
insbesondere der Staat für denjenigen Schaden haftbar sein sollten, 
welchen ein Beamter in Ausübung der ihm anvertrauten öffentlichen 
Gewalt dritten zugefügt habe, abgelehnt. Sie ist dabei vorzugsweise 
von der Rücksicht auf die so überaus verschiedenartige Gestaltung der 
öffentlichen Machtbefugnisse und in erster Linie durch die Scheu, in 
das öffentliche Recht überhaupt einzugreifen, geleitet worden. Als 
Fiskus, d. h. als Träger von privatrechtlichen Rechten und Ver- 
bindlichkeiten, tritt der Staat, gleich jeder anderen juristischen Person, 
gleichberechtigt und gleichverpflichtet in den Rechtsverkehr der Privat- 
personen ein. Die Frage, ob und inwieweit er für die Handlungen 
seiner Beamten, welche diese in Ausübung der ihnen in privatrecht- 
lichen Verhältnissen zustehenden Vertretungsmacht begangen haben, 
haftbar sei, kann nur nach den Vorschriften des Privatrechts beantwortet 
werden. Nach diesen ist aber seine Haftpflicht unanfechtbar. Es hat 
für die Gesetzgebung kein Grund vorgelegen, die Vertreter des Staates 
und der Gemeinden, soweit sie in Ausübung privatrechtlicher Ver-
	        
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