Full text: Amtliche Kriegsdepechen Band 1 (1)

2. österreich-Ungarn und Serbien. 
I. Die Note österreich-Angarns an Serbien. 
(Norddeutsche Allgemeine Zeitung vom 25. Juli 1914.) 
Berlin, den 24. Juli. 
Der ÖOsterreichisch-Ungarische Gesandte in Belgrad überreichte gestern abend 
6 Uhr der Serbischen Regierung eine Verbalnote mit den Forderungen der 
ÖOsterreichisch-Ungarischen Regierung. In der Note wird die Antwort bis 
Sonnabend, den 25. Juli, 6 Uhr abends, verlangt. — Sie hat folgenden 
Wortlaut: 
Am 31. März 1909 hat der Königlich Serbische Gesandte am Wiener Hofe 
im Auftrage seiner Regierung der Kaiserlichen und Königlichen Regierung folgende 
Erklärung abgegeben: „Serbien anerkennt, daß es durch die in Bosnien geschaffene 
Tatsache in seinen Rechten nicht berührt wurde, und daß es sich demgemäß den Ent.- 
schließungen anpassen wird, welche die Mächte in bezug auf Artikel 25 des Berliner 
Vertrags treffen werden. Indem Serbien den Ratschlägen der Großmächte Folge 
leistet, verpflichtet es sich die Haltung des Protestes und des Widerstandes, die es 
hinsichtlich der Annexion seit vergangenem Oktober eingenommen hat, aufzugeben, und 
verpflichtet sich ferner, die Richtung seiner gegenwärtigen Politik gegenüber Osterreich- 
Ungarn zu ändern und künftighin mit diesem letzteren auf dem Fuße freundnachbar- 
licher Beziehungen zu leben. 
Die Geschichte der letzten Jahre nun, und insbesondere der schmerzlichen 
Ereignisse des 28. Juni, haben das Vorhandensein einer subversiven Bewegung in 
Serbien erwiesen, deren Ziel es ist, von der österreichisch- ungarischen Monarchie ge- 
wisse Teile ihres Gebiets loszutrennen. Diese Bewegung, die unter den Augen der 
serbischen Regierung entstand, hat in der Folge jenseits des Gebiets des Königreichs 
durch Akte des Terrorismus, durch eine Reihe von Attentaten und durch Morde 
Ausdruck gefunden. 
Weit entfernt, die in der Erklärung vom 31. März 1909 enthaltenen formellen 
Verpflichtungen zu erfüllen, hat die Königlich Serbische Regierung nichts getan, um 
diese Bewegung zu unterdrücken. Sie duldete das verbrecherische Treiben der ver- 
schiedenen gegen die Monarchie gerichteten Vereine und Vereinigungen, die zigellose 
Sprache der Presse, die Verherrlichung der Urheber von Attentaten, die Teilnahme 
von Offizieren und Beamten an subversiven Umtrieben, sie duldete eine ungesunde 
Propaganda im öffentlichen Unterricht und duldete schließlich alle Manifestationen, 
welche die serbische Bevölkerung zum Hasse gegen die Monarchie und zur Verachtung 
ihrer Einrichtungen verleiten konnten. 
Diese Duldung, der sich die Königlich Serbische Regierung schuldig machte, 
hat noch in jenem Moment angedauert, in dem die Ereignisse des 28. Juni der 
ganzen Welt die grauenhaften Folgen solcher Duldung zeigten 
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