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Dazu bemerkt die Österreichisch-Ungarische Regierung:
Die Königlich Serbische Regierung beschränkt sich darauf, festzustellen, daß seit
Abgabe der Erklärung vom 18. März 1909 von seiten der Serbischen Regierung
und ihrer Organe kein Versuch zur Änderung der Stellung Bosniens und der Herze-
gowina unternommen wurde.
Damit verschiebt sie in bewußt willkürlicher Weise die Grundlagen unserer
Demarche, da wir nicht die Behauptung aufgestellt haben, daß sie und ihre Organe
in dieser Richtung offiziell irgend etwas unternommen hätten.
Unser Gravamen geht vielmehr dahin, daß sie es trotz der in der zitierten
Note übernommenen Verpflichtungen unterlassen hat, die gegen die territoriale Inte-
grität der Monarchie gerichtete Bewegung zu unterdrücken.
Ihre Verpflichtung bestand also darin, die ganze Richtung ihrer Politik zu
ändern und zur österreichisch-ungarischen Monarchie in ein freundnachbarliches Ver.
hältnis zu treten, nicht bloß die Zugehbrigkeit Bosniens zur Monarchie offiziell nicht
anzutasten. »
Die Note Serbiens fährt dann fort:
Die Königliche Regierung kann nicht für Außerungen privaten Charakters ver-
antwortlich gemacht werden, wie es Zeitungsartikel und die friedliche Arbeit von
Gesellschaften sind, Außerungen, die fast in allen Ländern ganz gewöhnliche Er.
scheinungen sind, und die sich im allgemeinen der staatlichen Kontrolle entziehen.
Dies um so weniger, als die Königliche Regierung bei der Lösung einer ganzen Reihe
von Fragen, die zwischen Serbien und Österreich-Ungarn aufgetaucht waren, großes
Entgegenkommen bewiesen hat, wodurch es ihr gelungen ist, deren größeren Teil
zugunsten des Fortschritts der beiden Nachbarländer zu lösen.
Anmerkung der k. und k. Regierung:
Die Behauptung der Königlich Serbischen Regierung, daß die Außerungen der
Presse und die Tätigkeit von Vereinen privaten Charakter haben und sich der staat-
lichen Kontrolle entziehen, steht in vollem Widerspruche zu den Einrichtungen moderner
Staaten, selbst der freiheitlichsten Richtung, auf dem Gebiete des Presse- und Vereins-
rechts, das einen öffentlich rechtlichen Charakter hat und Presse sowie Vereine der
staatlichen Aufsicht unterstellt. Ubrigens sehen auch die serbischen Einrichtungen eine
solche Aufsicht vor. Der gegen die Serbische Regierung erhobene Vorwurf geht eben
dahin, daß sie es gänzlich unterlassen hat, ihre Presse und ihre Vereine zu beauf-
sichtigen, deren Wirkung im monarchiefeindlichen Sinne sie kannte.
Die Note Serbiens fährt fort:
Die Königliche Regierung war deshalb durch die Behauptungen, daß Angehörige
Serbiens an der Vorbereitung des in Serajewo verübten Atteutats teilgenommen
hätten, schmerzlich überrascht. Sie hatte erwartet, zur Mitwirkung bei den Nach-
forschungen über dieses Verbrechen eingeladen zu werden, und war bereit, um ihre
vollkommene Korrektheit durch Taten zu beweisen, gegen alle Personen vorzugehen
hinsichtlich welcher ihr Mitteilungen zugekommen wären.
Anmerkung der k. und k. Regierung:
Diese Behauptung ist unrichtig. Die Serbische Regierung war über den gegen
ganz bestimmte Personen bestehenden Verdacht genau unterrichtet und nicht nur in
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