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Die Königlich Serbische Regierung glaubt, daß es im gemeinsamen Interesse
liegt, die Lösung dieser Angelegenheit nicht zu überstürzen, und ist daher, falls sich
die k. und k. Regierung durch diese Antwort nicht für befriedigt erachten sollte,
wie immer bereit) eine friedliche Lösung anzunehmen, sei es durch Ubertragung der
Entscheidung dieser Frage an das Internationale Gericht im Haag, sei es durch
Uberlassung der Entscheidung an die Großmächte, welche an der Ausarbeitung der
von der Serbischen Regierung am 18./31. März 1909 abgegebenen Erklärung mit-
gewirkt haben. — Schluß der Note.
Ul. Aus dem österreichisch-ungarischen Material.
Wien, 27. Juli. Das in der österreichisch-ungarischen Zirkularnote an die
auswärtigen Botschaften in Angelegenheit des serbischen Konflikts erwähnte Dossier
wird heute veröffentlicht.
In diesem Memoire wird darauf hingewiesen, daß die von Serbien aus-
gegangene Bewegung, die sich zum Ziele gesetzt hat, die südlichen Teile OÖsterreich-
Ungarns von der Monarchie loszureißen, um sie mit Serbien zu einer staatlichen
Einheit zu verbinden, weit zurückgreift. Diese in ihren Endzielen stets gleichbleibende
und nur in ihren Mitteln und an Iuntensität wechselnde Propaganda erreichte zur
Zeit der Annexionskrise ihren Höhepunkt und trat damals offen mit ihren Tendenzen
hervor. Während einerseits die gesamte serbische Presse zum Kampfe gegen die
Monarchie aufrief, bildeten sich — von anderen Propagandamitteln abgesehen —
Assoziationen, die diese Kämpfe vorbereiteten, unter denen die Narodna Odbrana
an Bedeutung hervorragte. Aus einem revolutionären Komitee hervorgegangen, kon-
stituierte sich diese vom Belgrader Auswärtigen Amte völlig abhängige Organisation
unter Leitung von Staatsmännern und Offizieren, darunter dem General Jankovie
und dem ehemaligen Minister Ivanovic. Auch Major Voja Tankkosic und Milan
Pribicevic gehören zu diesen Gründern. Dieser Verein hatte sich die Bildung und
Ausrüstung von Freischaren für den bevorstehenden Krieg gegen die österreichisch- unga-
rische Monarchie zum Jiele gesetzt. In einer dem Memoire angefügten Anlage wird
ein Auszug aus dem vom Zentralausschusse der Narodna Odbrana herausgegebenen
Vereinsorgane gleichen Namens veröffentlicht, worin in mehreren Artikeln die Tätig-
keit und Jiele dieses Vereins ausführlich dargelegt werden. Es heißt darin, daß
zu der Hauptausfgabe der Narodna Odbrana die Verbindung mit ihren nahen und
ferneren Brüdern jenseits der Grenze und unseren übrigen Freunden in der Welt gehören.
Osterreich ist als erster und größter Feind bezeichnet. Wie die
Narodna Odbrana die Notwendigkeit des Kampfes mit Österreich predigt, predigt sie
eine heilige Wahrheit unserer nationalen Lage. Das Schlußkapitel enthält einen
Appell an die Regierung und das Volk Serbiens, sich mit allen Mitteln für den
Kampf vorzubereiten, den die Annexion vorangezeigt hat.
Das Memoire schildert nach einer Aussage eines von der Narodna Odbrana
angeworbenen Komitatschis die damalige Tätigkeit der Narodna Odbrana,
die eine von zwei Hauptleuten, darunter Tankkosic, geleitete Schule zur Aus-
bildung von Banden unterhielt, Schulen, welche von General Jankovic und von