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Ew. usw beehre ich mich zu ersuchen, sich in vorstehendem Sinne (dem der.
zeitigen Vertreter des Herrn Viviani) (Sir Edward Grey) (Herrn Sasonow) gegen-
über auszusprechen und dabei insbesondere der Anschaunng nachdrücklich Ausdruck zu
verleihen, daß es sich in der vorliegenden Frage um eine lediglich zwischen Österreich-
Ungarn und Serbien zum Austrag zu bringende Angelegenheit handele, die auf die
beiden direkt Beteiligten zu beschränken das ernste Bestreben der Mächte sein müsse.
Wir wünschen dringend die Lokalisierung des Konflikts, weil jedes Eingreifen einer
anderen Macht infolge der verschiedenen Bündnisverpflichtungen unabsehbare Konsequenzen
nach sich ziehen würde.
Einem gefälligen telegraphischen Bericht über den Verlauf Ihrer Unterredung
werde ich mit Interesse entgegensehen.
Nr. 2.
Der KReichskanzler an die Bundesregierungen.
Vertraulich! Berlin, den 28. Juli 1914.
Euer pp. wollen der Regierung, bei der Sie beglaubigt sind, folgende Mit-
teilung machen:
Angesichts der Tatsachen, die die Ssterreichisch-Ungarische Regierung in ihrer
Note an die Serbische Regierung bekauntgegeben hat, müssen die letzten Zweifel darüber
schwinden, daß das Attentat, dem der österreichischungarische Thronfolger und seine
Gemahlin zum Opfer gefallen sind, in Serbien zum mindesten mit der Konnivenz
von Angehörigen der Serbischen Regierung und Armee vorbereitet worden ist. Es ist
ein Produkt der großserbischen Bestrebungen, die seit einer Reihe von Jahren eine
Quelle dauernder Beunruhigungen für die Osterreichisch-Ungarische Monarchie und für
ganz Europa geworden sind.
In besonders markanter Form trat der großserbische Chauvinismus während
der bosnischen Krisis in die Erscheinung. Nur der weitgehenden Selbstbeherrschung
und Mäßigung der Ssterreichisch-Ungarischen Regierung und dem energischen Ein.
schreiten der Großmächte war es zuzuschreiben, wenn die Provokationen, welchen
Osterreich-Ungarn in dieser Jeit von seiten Serbiens ausgesetzt war, nicht zum Kon-
flikte führten. Die Zusicherung künftigen Wohlverhaltens, die die Serbische Regierung
damals gegeben hat, hat sie nicht eingehalten. Unter den Augen, zum mindesten
unter stillschweigender Duldung des amtlichen Serbiens, hat die großserbische Propa-
ganda inzwischen fortgesetzt an Ausdehnung und Intensität zugenommen. Es würde
weder mit der Würde noch mit ihrem Recht auf Selbsterhaltung vereinbar sein,
wollte die Osterreichisch-Ungarische Regierung dem Treiben jenseits der Grenze noch
länger tatenlos zusehen, durch das die Sicherheit und die Integrität ihrer Gebiete
dauernd bedroht wird. Bei dieser Sachlage müssen das Vorgehen sowie die Forde-
rungen der SÖsterreichisch-Ungarischen Regierung als gerechtfertigt angesehen werden.
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