5. Schriftstücke zum politischen Meinungsaustausch
zwischen Deutschland und England.
(Norddeutsche Allgemeine Zeitung vom 21. Angust 1914.)
Nachsiehend werden der Sffentlichkeit Aktenstücke übergeben, die sich auf den
politischen Meinungsaustausch zwischen Deutschland und England unmittelbar vor
dem Kriegsausbruch beziehen. Es ergibt sich aus diesen Mitteilungen, daß Deutschland
bereit war, Frankreich zu schonen, falls England neutral blieb und die Neutralität
Frankreichs gewährleistete.
Telegramm Seiner Königlichen Hobeit des Drinzen Heinrich an den König
von England vom 30. Juli 1914.
Bin seit gestern hier, habe das, was Du mir so freundlich in Buckingham
Palace am vorigen Sonntag gesagt, Wilhelm mitgeteilt, der Deine Botschaft dankbar
entgegennahm.
Wilhelm, der sehr besorgt ist, tut Sein Außerstes, um der Bitte Nikolaus
nachzukommen, für die Erhaltung des Friedens zu arbeiten. Er steht in danerndem
telegraphischen Verkehr mit Nikolaus, der heute die Nachricht bestätigt, daß er
militärische Maßnahmen angeordnet hat, welche einer Mobilmachung gleichkommen,
und daß diese Maßnahmen schon vor 5 Tagen getroffen wurden.
Außerdem erhalten wir Nachrichten, daß Frankreich militärische Vorbereitungen
trifft, während wir keinerlei Maßnahmen verfügt haben, wozu wir indessen jeden
Augenblick gezwungen sein können, wenn unsere Nachbarn damit fortfahren. Das
würde dann einen europäischen Krieg bedeuten.
Wenn Du wirklich und aufrichtig wünschst, dieses furchtbare Unglück zu ver-
hindern, darf ich Dir dann vorschlagen, Deinen Einfluß auf Frankreich und auch
auf Rußland dahin auszuüben, daß sie neutral bleiben. Das würde meiner Ansicht
nach von größtem Nutzen sein. Ich halte dies für eine sichere und vielleicht die
einzige Möglichkeit, den Frieden Europas zu wahren. Ich moöchte hinzufügen, daß
jetzt mehr denn je Deutschland und England sich gegenseitig unterstützen sollten,
um ein furchtbares Unheil zu verhindern, das sonst unabwendbar erscheint.
Glaube mir, daß Wilhelm in seinen Bestrebungen um die Aufrechterhaltung
des Friedens von der größten Aufrichtigkeit ist. Aber die militärischen Vorbereitungen
seiner beiden Nachbarn können ihn schließlich zwingen, für die Sicherheit seines
eigenen Landes, das sonst wehrlos bleiben würde, ihrem Beispiel zu folgen. Ich
habe Wilhelm von meinem Telegramm an Dich unterrichtet und hoffe, Du wirst
meine Mitteilungen in demselben freundschaftlichen Geiste entgegennehmen, der sie
veranlaßt hat.
gez. Heinrich.