Full text: Amtliche Kriegsdepechen Band 1 (1)

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Auslegungen zulasse, die das Vorhandensein gewisser, vielleicht bedingter Verabredungen 
der gerüchtweise verlautbarten Art nicht durchaus ausschlössen. 
Die Erklärungen Sir Edward Greys entsprechen einer vertraulichen Äußernng 
einer Persönlichkeit aus der nächsten Umgebung des Ministers: 
»Er könne aufs ansdrücklichste und bestimmteste versichern, daß keinerlei Ab- 
machungen militärischer oder maritimer Natur zwischen Eugland und Frankreich be- 
stünden, obwohl der Wunsch nach solchen auf französischer Seite wiederholt kundgegeben 
worden sei. Was das englische Kabinett Frankreich abgeschlagen habe, werde es 
Rußland nicht gewähren. Es sei keine Flottenkonvention mit Rußland geschlossen 
worden, und es werde auch keine geschlossen werden. 
VI. 
Juni 1914. 
Sir Edward Grey hat offenbar das Bedürfuis empfunden, den Ausführungen 
des , Manchester Guardiane über seine Interpellationsbeantwortung in Sachen der 
angeblichen englisch-russischen Flottenentente sogleich nachdrücklich entgegenzutreten. 
Die -Westminster Gazetter bringt an leitender Stelle ans der Feder Mr. Spenders, 
der bekanntlich zu den intimsten politischen Freunden Sir Edward Greys gehört, ein 
Dementi, das in Bestimmtheit nichts zu wünschen übrigläßt. Es ist darin gesagt: 
Es besteht kein Flottenabkommen, und es schweben keine Verhandlungen über ein 
Flottenabkommen zwischen Großbritannien und Rußland. 
Niemand, der den Charakter und die Mcthoden Sir Edward Greys kenne, 
werde auch nur einen Angenblick annehmen, daß die von ihm abgegebene Erklärung 
bezwecke, die Wahrheit zu verschleiern. 
VII. 
. .. Jnuni 1914. 
Daß die Erklärung Sir Edward Greys im eunglischen Unterhause über das 
russisch-en glische Marincabkommen von der öffentlichen Meinung in England so bereit- 
willig akzeptiert worden ist, hat hier und in Petersburg große Erleichterung hervor. 
gerufen. Die Drahtzieher der Aktion hatten schon befürchtet, daß der schöne Traum 
des neuen Dreibundes ausgeträumt sein könne. Es fallt mir übrigens schwer, daran 
zu glauben, daß es dem . Manchester Gnardiane allein beschieden gewesen sein sollte, 
den Trick zu durchschauen, dessen sich Sir Edward Grey bediente, indem er die Frage, 
ob Verhandlungen über ein Marineabkommen mit Rußland schwebten oder im Gange 
seien, nicht beantwortete, sondern die ihm gar nicht gestellte Frage verneinte, ob 
England bindende Verpflichtungen bezüglich der Beteiligung an einem europäischen 
Kriege eingegangen sei. Ich neige vielmehr der Ansicht zu, daß die englische Presse 
in diesem Falle wieder einmal einen Beweis für ihre bekannte Disziplin in Behand- 
lung von Fragen der auswärtigen Politik gegeben und, sei es auf ein mot d'ordre 
hin, sei es aus politischem Instinkt, geschwiegen hat. Welchen Kritiken und welchen 
Bemängelungen seitens der deutschen Volksvertreter und der deutschen Presse würde 
nicht die Kaiserliche Regierung ausgesetzt sein, welches Geschrei über unsere aus-
	        
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