wärtige Politik und unsere Diplomaten würde sich nicht erheben, wenn eine ähnliche
Erklärung vor dem Reichstag abgegeben würde! In dem parlamentarischen England
schweigt jedermann, wenn ein Minister in so offenkundiger Weise die eigene Partei,
die Volksvertretung und die öffentliche Meinung des ganzen Landes irre zu führen
sucht. Was bringt nicht England alles seiner Germanophobie zum Opfer.
VIII.
Jyuni 1914.
Von einer Stelle, die sich die alten Sympathien für Deutschland bewahrt hat,
ist mir mit der Bitte um strengste Geheimhaltung die gehorsamst beigefügte Auf-
zeichnung über eine Konferenz zugegangen, die am 26. Mai d. J. beim Chef des
russischen Marinestabs stattgefunden hat, und in der die Grundlagen für die Ver.
handlungen über das russisch-englische Marineabkommen festgestellt worden sind. In
welchem Ergebnis die Verhandlungen bis jetzt geführt haben, wußte mein Gewährs-
mann noch nicht, änßerte aber sehr ernste Besorgnisse über die Förderung, die der
russische Nationalismus erfahren werde, wenn das Abkommen tatsächlich zustande
komme. Sei man des Mitgehens Englands erst gewiß, so würden die bekannten
panslawistischen Hetzer nicht zögern, die erste sich bictende Gelegenheit zu bennten
um es zum Kriege zu bringen. Auch Herr Sasonow treibe zusehends mehr in das
Fahrwasser der russischen Kriegspartei.
Anlage.
St. Petersburg, den 13/26 Mai 1914.
Von der Erwägung ausgehend, daß eine Vereinbarung zwischen Rußland und
England erwünscht sei über das Jusammenwirken ihrer maritimen Streitkräfte für
den Fall kriegerischer Operationen Rußlands und Englands unter Teilnahme Frank.
reichs, gelangte die Konferenz zu folgenden Schlüssen:
Die geplante Marinekonvention soll die Beziehungen zwischen den russischen
und den englischen Streitkräften zur See in allen Einzelheiten regeln, deshalb ist
eine Verständigung über Signale und Spezialchiffres, Radiotelegramme und der Modus
des Verkehrs zwischen den russischen und englischen Marinestäben herbeizuführen. Die
beiden Marinestäbe sollen sich außerdem regelmäßig gegenseitig Mitteilung machen
über die Flotten dritter Mächte und über ihre eigenen Flotten, besonders über tech.
nische Daten sowie über neu eingeführte Maschinen und Erfindungen.
dach dem Vorbild der frankorrussischen Marinekonvention soll auch zwischen
dem russischen und dem englischen Marinestab ein regelmäßiger Meinungsaustausch
zur Prüfung von Fragen, welche die Marineministerien beider Staaten interessieren,
herbeigeführt werden.
Das russische Marineabkommen mit England soll gleich dem franko russischen
Marineabkommen vorher vereinbarte, aber getrennte Aktionen der russischen und der
englischen Kriegsmarine ins Auge fassen. Im Hinblick auf die strategischen Ziele ist
zu unterscheiden einerseits zwischen den maritimen Operationen im Gebiet des Schwarzen
Meeres und der Nordsee, anderseits zwischen dem voraussichtlichen Seekampfe im
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