Full text: Amtliche Kriegsdepechen Band 2 (2)

  
  
Mai 1915 
Die Russen bei Szawle geschlagen. 
Großes Hauptquartier, 1. Mai. 
Westlicher Kriegsschauplatz. Die gestern gemeldeten Kämpfe auf dem west- 
lichen Kanalufer nordwestlich von Ypern endeten mit einem sehr verlustreichen Miß- 
erfolge des Feindes. Oestlich des Kanals nördlich von Ypern stieß der Feind mehreremal 
vergeblich vor. Die Festung Dünkirchen wurde weiter unter Artilleriefeuer gehalten. 
Zwischen Maas und Mosel kam es zu Infanteriekämpfen nur in der Gegend 
zwischen Ailly und Apremont. Die französischen Angriffe scheiterten sämtlich unter 
starken Verlusten. 
Am 29. April wurde Reims in Erwiderung auf die Beschießung unserer rück- 
wärtigen Ruheortschaften mit einigen Granaten beworfen. Da der Feind die Be- 
deutung dieses unseres Vorgehens sehr gut kennt, würde es ihm leicht sein, Reims 
vor einer Beschießung zu bewahren. 
Der Feind verlor gestern wieder drei Flugzeuge. Ein englisches Flugzeug wurde 
südwestlich von Thielt heruntergeschossen, ein anderes Flugzeug wurde bei Wieltje 
nordöstlich von Ypern zum Absturz gebracht und zusammengeschossen; das dritte 
Flugzeug wurde aus einem feindlichen Geschwader heraus bei Nieder-Sulzbach i. E. 
zur Landung gezwungen. 
Oestlicher Kriegsschauplatz. Das Gefecht bei Szawle ist günstig für uns 
verlaufen. Nach starken Verlusten flüchteten die Russen, nachdem sie Szawle an 
allen vier Ecken angesteckt hatten, in Richtung auf Mitau weiter. Die Verfolgung 
wird fortgesetzt. An Gefangenen sind bisher etwa 1000 gemacht; daneben fielen 
zehn Maschinengewehre, große Mengen von Bagagen, Munitionswagen und besonders 
viel Munition in unsere Hände. 
Feindliche Angriffe bei Kalwarja und südwestlich wurden verlustreich abgeschlagen, 
wobei wieder 350 Russen gefangengenommen wurden. Dagegen gelang es den 
Russen, südwestlich von Augustow eine deutsche Vorpostenkompagnie nächtlicherweile 
zu überfallen und schwer zu schädigen. 
Oestlich von Plock und auf dem Südufer der Pilica wurden schwache russische 
Vorstöße abgewiesen. Oberste Heeresleitung. (W. T. B.) 
Russische Angriffe beim Orawatal gescheitert. 
Wien, 1. Mai. Amtlich wird verlautbart: In Russisch-Polen lebhafter Geschütz- 
kampf, der stellenweise auch nachts andauerte. Russische Sicherungstruppen wurden 
aus mehreren Stellungen vertrieben.