er den Rückzug an den unteren San, der von Przemysl an bis zur Mündung gehalien und
aktiv verteidigt werden sollte. Hierzu hatte sich die Armee, wie gefangene Offiziere aussagen,
auf dem westlichen Flußufer aufzustellen und bis zum äußersten zu halten. Ausdrücklich soll
in einem Armeebefehle auf angriffsweises Vorgehen gegen den Feind hingewiesen worden sein.
Theoretisch war eine solche Verteidigungsweise wohl möglich, nachdem die Russen während
der vergangenen Monate im Welchsel — San-Bogen bei Sieniava, dann bei Jaroslau und
Jadymno große stark ausgebaute Brückenköpfe auf dem westlichen Flußufer angelegi hatten.
Die Ausführung des Befehls sollte sich aber praktisch als unausführbar erweisen. 7
Die Truppe war durch die erlüttene Niederlage und den Rückzug so schwer erschüttert und
durcheinander geraten, daß nur eine passive Berteidigung der Sanlinie möglich wurde, fanden
doch unsere gegen den San vorrückenden Truppen unter den Gefangenen immer wieder Ver-
0 sprengte aus allen möglichen Berbönden der russischen Front und berichteten diese Gefangenen
doch übereinstimmend, daß die russischen Führer bestrebt selen, durcheinandergekommene Der-
bände neu zu formieren ohne sede Räcksicht auf eine Rangierung nach früherer Regiments-
zugehörigkeit. — Von den verschiedensten Kriegsschauplätzen her wurden die entbehrlich
scheinenden Teile herangezogen und mit der Bahn an den unteren San gebracht, so daß sich
an dieser Flußlinke den Verfolgern nicht weniger als 23 verschiedene Infanteriedivisionen
entgegenstellen sollten. Radko Dimitriew mußte aber wohl inzwischen das Vertrauen in die
Widerskandskraft elnes großen Teiles seiner bei Gorlice —Tarnow beteiligt gewesenen Truppen
verloren und die am schwersien erschütterten Berbände weit hinter den San zurückgenommen
haben. Denn unsere Flieger meldeten am 12. und 13. Mai den RKäückmarsch langer russischer
Kolonnen vom unteren San nach Often und Nordoften.
Es blieb demnach im wesentlichen Aufgabe der neuangekommenen Verstärkungen, den San
zu halten, besonders den Zrückenkopf von Jaroslau, auf dessen Behauptung der russische
Armeeführer viel Wert zu legen schien. Am 14. Mai begannen die Verbündeten, die HPrzemys
von Süden her abgeschlossen und längs der ganzen Sanlinie bis nahe an den Fluß und dessen
Brückenköpfe herangerückt waren, mit dem Angriff auf Jaroslau. Der Feind hatte die Höhen
wesilich dieser Stadt zu einer Art Festung ausgebaut. Zon langer Hand vorbereitet zogen
sich hier die Schützengräben in weitem nach Westen gerichteten BZogen vom Flusse durch die
westlichen Zorskädte nach dem Meierhof und Schlosse des Grafen von Schimienski und durch
den Hark zur Jupasowkahöhe, die mit Schloß und Meierhof den Schlüsselpunkt der Stellung
bildete. KRegimentern der preußischen Garde und des 6. österreichisch-ungarischen Armeekorps
war es vorbehalten, sich in den Zesitz von Stadt und Brückenkopf Jaroslau zu setzen. Die
russischen Berteidiger beskanden aus der 62. Division, zu deren Unterstützung Teile der 41. und
45. Division beschleunigt herangeführt wurden, welche die dortigen Befestigungsanlagen besectten
und durch Neuanlage von Drahthindernissen in aller Eile noch weiter zu verstärken suchten.
In zweitägigem Kampfe entriß die Garde dem Feinde die Stadt Jaroslau und warf ihn
hinter den Fluß zurück; die Regimenter Elisabeth und Alexander erfiürmten untermischt mit
ösfkerreichisch-ungarlschen Truppen im Nachtangriff Meierhof und Schloß samt Park, dessen
uralte Zaume von den Granaten gleich Streichhölzern geknickt, während die umfangreichen
Schloßbauten in Schutt und Asche gelegt wurden. — Das Ösberreichische Cinienregiment 36
und Honveds entrissen dem Feinde den Gipfel der Jupajowkahöhe. Bei diesen Kämpfen
fielen eiwa 4000 unverwundete Russen in Gefangenschaft, einzelne Regimenter, wie z. B. das
247., wurden so gut wie aufgerieben und beftehen nicht mehr.
Am Abend des 15. Mai war Jaroslau und der ganze Brückenkopf in der Hand der
Verbündeten. Die geräumige Stadt mit ihren alten polnischen Renaissancebauten und der
prächtigen neuen, in bpzantinischem Stile gehaltenen Kirche war erhalten geblieben. Die
Jnssen brannten die Brücken hinter sich ab, nachdem sie auch die Bahnhofsanlagen den
Flammen übergeben hatten. (W. T. B.)