Full text: Amtliche Kriegsdepechen Band 2 (2)

  
Arrangement einzugehen, welches die Befriedigung der legitimen natlonalen Ansprüche Italiens 
in billigem Ausmaß zur Grundlage hätte und welches zugleich dazu gedient hätie, die vorhandene 
Ungleichheit in der gegenseitigen Lage der beiden Staaken im Adriatischen Meere zu beseitigen. 
Dlese Berhandlungen führten sedoch zu keinem In Betracht kommenden Ergebnis. Zel diesem 
Stande der Sache muß die stalienische Regierung auf die Hoffnung verzichten, zu einem Ein, 
versidndnis zu kommen, und sleht sich gezroungen, alle Vorschläge zu einem #ebereinkommen 
zurückzuziehen. Es ist ebenso unnätz, den äußeren AUnschein eines Bündnisses aufrechtzuhalten, 
welches nur dle Besilmmung haben würde, das tatsächliche Besiehen elnes besiändigen Mißtrauens 
und täglicher Meinungsverschiedenheiten zu verschleiern. Aus diesem Grunde versichert und erklärt 
Itallen im DBertrauen auf sein gutes Recht, daß es von diesem Augenblick an sich die volle 
Freiheit seiner Handlungen wieder nimmt und seinen Bündnisvertrag mit Oesterresch-Angarn für 
annulliert und künffig wirkungslos erklärt.“ 
Der Sotschafter, Herzog von Avarna, machte dem Baron Burian diese Mit- 
teilung am 4. Mai. (W. T. B.) 
dleser Absicht und in dieser Hoffnung erklärte dle itallenische Regierung sich bereit, auf ein 
Mitteilung der deutschen Regierung über die „Kündigung“" des 
Dreibundvertrages. 
Berlin, 21. Mals. Dse „Norddeutsche Allgemelne Zestung“ veröffentlicht einen Artikel, 
betitelt „Ole Kündigung des Dreibundes“, In dem es u. a. heißt: 
Der Dreibundvertrag bestimmte, daß der Cesus toederis gleschzeitig für die drei Zertrags, 
mächte einträte, wenn einer oder zwel der Pertragschließenden ohne direkte Drovokation lhrer- 
seits von zwel oder drei Großmächten angegriffen und in elnen Krleg verwickelt würden. Ole 
Drovokation bel dem Weltkrieg lag auf russischer Seite. Gleichwohl erachtete die stallentsche 
Reglerung mit der Behauptung, daß Oesterreich Angarn aggressio gegen Serbien vorgegangen 
sel und dadurch das Eingreifen Kußlands veranlaßt habe, den Cesus foederls nicht für gegeben. 
Auch machte sie geltend, die österreichisch-ungarlsche Kegierung habe sich, indem sie Italien von 
dem beabsichtigten Altimatum an Gerbien vorher nicht in Kenninis gesetzt habe, eine VBerletcung 
des Artikels VII des Dreibundvertrages zuschulden kommen lassen. Dieser Artikel verpfiichtet 
Oesterresch ngarn und Itallen zu vorheriger VZerskändigung und gegenseitigen Kompensationen 
für den Fall, daß sich eine der beiden Mächte genötigt sehe, den Status quo auf dem Balkan 
durch elne zeltweilige oder dauernde Okkupation zu ändern. Die Berufung auf Artikel VII wäre 
begründet gewesen, wenn Oesterreich-AUngarn auf einen Machtzuwachs auf dem Balkan aus- 
gegangen wäre. Wien hatte sedoch schon vor Krlegsausbruch in Petersburg und auch in Rom 
erklärt, daß Oesterreich Ungarn keine Gebiekserwerbungen auf Kosten Serbiens erstrebe. Die 
beiden im Krieg flehenden Zentralmächte wären dabei berechtigt gewesen, die Einwände Italiens 
gegen selne Bündnispflicht nicht anzuerkennen. In loyalem Versiändnis für die nicht lelchte 
innere und qdußere Lage Italiens zogen sie es sedoch vor, eine einseitige Auslegung des Drei, 
bundvertrages hinzunehmen und sich mit der Erklärung wohlwollender Neutralität, zu der der 
VBertrag unzweifelhaft verpflichtete, zu begnügen. Obgleich der Artikel VII auf Kompensationen 
nur für den Fall eines Machtzuwachses am Balkan abzielt, erklárte sich doch die österreichisch- 
ungarische Reglerung wegen der mit Ausbruch des Krieges eingetreienen Möglichkeit einer 
Machtverschiebung grundsätzlich bereit, eventuelle Kompensationen ins Auge zu fassen. Die 
VBerhandlungen kamen langsam in Gang. Erschwert wurden sie von vornherein durch das 
Verlangen der italienischen Kegierung, daß die zu vereinbarende Gebietsabtretung sosort in 
Kraft gesetzt werden müßte. Um den in diesem Verlangen liegenden Argwohn zu zerstreuen, 
wurde am 19. März 1915 die Garantie der deutschen RKegierung für die Durchführung der 
8 
  
— 33 “s-— — 
624
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.