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abgespielt haben, veranlassen mich, Aufklärungen über die Vorgänge zu geben, welche
der gegenwärtigen Lage vorausgegangen sind. Der italienische Ministerpräsident
führt in seiner letzten Rede die jetzige feindliche Haltung Italiens auf das von der
Monarchie an Serbien gestellte #ltimatum zurück. In dieser Kede Salandras sind
drei konkrete Anfragen enthalten, zunächst jene, daß das Altimatum das Gleichgewicht
auf dem SBalkan erschüttert habe. Xun ist es eine allgemeinbekannte Tatsache, daß
wir sowohl unserem Bundesgenossen als auch den anderen Großmächten gegenüber
die Erklärung abgegeben haben, daß die Monarchie keinerlei territoriale Aenderungen
wünscht. Die Zehauptung des italienischen Ministerpradsidenten ist daher eine offen-
kundige Anwahrheit. (Stürmischer Zeifall im ganzen Hause.) Die zweite Anklage
des italienischen Ministerprdsidenten besagt, daß wir die Einflußsphären auf dem
Balkan verändert hätten. Diese Zehauptung ist ziemlich unverständlich. Wohl
bestanden gewisse Bereinbarungen bezüglich Albaniens; was aber den ganzen Salkan
betrifft, so haben wir von jeher den Standpunkt vertreten, daß keine Teilung der
Einflußsphäre möglich sei, daß wir an dem ganzen Balkan interessiert sind, jedoch
keinerlei Hegemonie auf dem Balkan beanspruchen. Die dritte Anklage Salandras
besteht in der Zehaupkung, daß die Monarchie den Vertrag verletzt habe, weil sse
es verabsäumte, vorher mit Jtalien ein Einvernehmen zu treffen. Graf Tisza
verweist darauf, daß ausschließlich in Artikel VII des Dreibund-Bertrages von einem
vorhergehenden Einvernehmen mit Jtalien die Rede sei, jedoch nur für den Fall
einer Aenderung des Status duo auf dem Balkan. Bis in die allerleßzte Zeit habe
denn auch kein einziger italienischer Staatsmann die Behauptung aufgestellt, daß
die Monarchie durch Verabsäumung eines vorhergehenden Einvernehmens den
Vertrag verletzt hätte. Graf Tisza beruft sich hierbei auf die Unterredungen und
den Schriftenwechsel zwischen der Leitung der auswärtigen Holitik der Monarchie
und der italienischen RKegierung in den auf das Altimatum folgenden Monaten.
Niemals ist auch nur ein Gedanke aufgetaucht, als hätte Italien in dem Borgehen
Oesterreich-#ngarns eine Vertragsverletzung gesehen. Alle in Italien führenden
Dersönlichkeiten haben wiederholt und in den wärmsten Worten der Bereitwilligkeit
Italiens Ausdruck gegeben, wenn es auch nicht tätig am Kriege teilnehme, doch ein
treuer Zundesgenosse zu sein. (Große Bewegung und Zufe: Eidbrüchige.)
Der Ministerpräsident verlas sodann das Telegramm, welches der König von
Italien am 2. August an den Kaiser und König Franz Josef gerichtet hat (große
Bewegung), und fuhr fort: Der König von Jtalien hätte nicht in solchem Tone sich
geäußert, wenn er geglaubt hätte, daß unsere Monarchie den Vertrag mit Jtalien
verleht habe.
Graf Tisza behandelte darauf eingehend die Erörterungen, in welchen Oesterreich=
Angarn den Standpunkt vertreten hätte, daß der Bündnisfall für Italien gegeben sei,
während Italien dies verneinte. Er schilderte weiter einzelne Dhasen der Verhand-
lungen betreffend eine Kompensation, in welcher Oesterreich-Ungarn auf Grund der
Bermittelung Deutschlands schließlich den Standpunkt akzeptierte, daß Jtalien
Kompensationen aus den der Monarchie angehörenden Territorien angeboten werden
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