Größere Kämpfe an der ostpreußischen Grenze.
Großes Hauptquartier, 10. Februar.
Westlicher Kriegsschauplatz. Abgesehen von kleineren Erfolgen, die unsere
Truppen in den Argonnen, am Westabhang der Vogesen bei Ban-de-Sapt und
im Hirzbacher Walde erreichten, ist nichts zu melden.
Oestlicher Kriegsschauplatz. Die vereinzelten Gefechte an der ospreußischen
Grenze entwickelten sich hier und da zu Kampfhandlungen von größerem Umfange.
Ihr Verlauf ist überall normal. In Polen rechts und links der Weichsel sind kein Verände-
rungen eingetreten. Oberste Heeresleitung. (W. T. B.)
Die Kriegssitzung der russischen Duma. — Minister Sasonow
über den Krieg.
Petersburg, 9. Februar. In der Reichsduma, die heute zu lhrer Kriegstagung zu-
sammentrat, hielt der Minister des Aeußeren, Sasonow, eine längere Rede. Er sagte u. a.:
Die russischen Heere marschieren fest auf ihr Ziel zu und sichern den glücklichen Augenblick
des schließlichen Triumphes über den Feind, der sich einen leichten Sieg vortäuscht und ver-
zweifelte Anstrengungen macht, der auf alle Mittel zurückgreift, selbst auf das der Verfälschung
der Wahrheit. Es ist unnütz, das alte Lied zu wiederholen, daß Eduard VII. versucht habe,
Deutschland durch Feinde einzukreisen, denn die Welt kennt die Friedensliebe dieses weisen
Herrschers, der den tollen Ehrgeiz der Berliner Politiker kannte und verstand, daß einzig die
Annäherung der Mächte mit gemeinsamen Interessen Europa das sichere politische Gleich-
gewicht verschaffen konnte. Auch hatten die Ententen, welche von König Eduard abgeschlossen
oder vorbereitet wurden, einen rein defensiven Charakter. Ganz anders war die Haltung der
Deutschen in den letzten Jahren, ganz besonders gegenüber Rußland, während Rußland den
jahrhundertalten Ueberlieferungen guter Nachbarschaft, die es mit Deutschland ehrlich unterhielt,
treu blieb. Deutschland stellte sich Rußland überall entgegen und suchte gegen unser Land die
Nachbarn aufzubringen, besonders diejenigen, mit denen Rußland durch wichtige Interessen
verbunden ist, so die skandinavischen Länder, wo Deutschland Mißtrauen gegen Rußland säete,
so Galizien, wo deutsches Geld die ukrainische Bewegung schuf, so Rumänien, wo die Deutschen
das Bewußtsein der Gemeinsamkeit der rumänischen und russischen Interessen zu verdunkeln
suchten, so schließlich die Türkei, wo die deutschen Intrigen ebenso stark zunahmen wie ihr
Besitz. Die Deutschen haben das Uebereinkommen von Potsdam und die Versprechen ge-
brochen, die sie Rußland gegeben hatten. Sie haben versucht, die englisch= russischen Interessen
zu kompromittieren. Die gleichen Intriguen zettelten sie in China und Japan an. Glücklicher-
weise, ohne Erfolg davon zu haben.
Das kürzlich veröffentlichte Orangebuch zeigte, daß die Ereignisse am Bosporus, die dem
Eingreifen der Türkei in den Krieg unmittelbar vorangingen, das Ergebnis deutscher Hinterlist
gegen das osmanische Reich waren. Die Ereignisse an der russisch-türkischen Grenze, durch die
sich die russischen Waffen neuen Ruhm erworben haben, werden Rußland der Lösung der
politischen und wirtschaftlichen Probleme näher bringen, die sich an sein Streben nach einem
Ausgang zum freien Meere knüpfen.
Miljukow erklärte im Namen der parlamentarischen Fraktion der Kadetten: Die Duma
hat soeben mit Genugtuung die Rede des Ministers des Auswärtigen zur Kenntnis genommen.
Wir sind überzeugt, daß die Erfüllung unserer Hauptaufgabe, die Erwerbung der Meerengen
und Konstantinopels, rechtzeitig unter die nötigen diplomatischen und militärischen Sicherheiten
gestellt werden wird. (Langanhaltender Beifall.) (W. T. B.)