Full text: Amtliche Kriegsdepechen Band 3 (3)

  
     
 
 
 
 
 
 
 
 
  
 
 
 
 
 
 
 
 
  
 Weiter sagte der Kanzler: „Die gleißnerischen Versprechungen unserer Feinde ahme ich nicht 
 nach, aber ich hoffe, daß die heutige Besetzung der polnischen Grenzen gegen Ost den Beginn einer 
 Entwicklung darstellen wird, die die alten Gegensätze zwischen Deutschen und Polen aus der 
 
 
Welt schaffen und das vom Russenjoch befreite Land einer glücklichen Zukunft entgegenführen wird, 
in der es die Eigenart seines nationalen Lebens pflegen und entwickeln kann. Das von uns besetzte 
Land werden wir unter möglichster Heranziehung seiner eigenen Bevölkerung gerecht verwalten, 
die unvermeidlichen Schwierigkeiten, die der Krieg mit sich bringt, auszugleichen suchen und die 
Wunden, die Rußland dem Lande geschlagen hat, werden wir zu heilen uns bestreben. (Lebh. Beifall.) 
Dieser ungeheure Weltkrieg, der die Fugen der Welt klaffend macht, wird alte Zustände 
nicht zurückführen. Ein Neues muß entstehen: Wenn Europa je zur Ruhe kommen 
soll, so kann es nur durch eine unantastbare starke Stellung Deuischlands geschehen. 
(Lebhafte Zustimmung.) Die Vorgeschichte dieses Krieges spricht eine harte Sprache. Ueber 
ein Jahrzehnt lang ist das Sinnen und Trachten aller anderen Mächte einzig und allein 
darauf gerichtet gewesen, Deutschland zu isolieren, auszuschließen von jeder Mitverfügung über 
die Welt. Eine solche Politik mußte zum bösen Ende führen. Die englische Politik der 
balance of power muß verschwinden, denn sie ist, wie der englische Dichter Shaw kürzlich 
gesagt hat, ein Brutofen für Kriege. Bezeichnend ist in dieser Beziehung eine Bemerkung, 
die Sir Edward Grey zu unserem Botschafter Fürsten Lichnowski machte, als er sich am 
4. Augusi von ihm verabschiedete. Er sagte nicht ohne Betonung, der zwischen England und 
Deutschland ausgebrochene Krieg werde es ihm ermöglichen, uns bei Friedensschluß wertvollere 
Diensie zu erweisen, als die Neutralität Englands ihm gestattet hätte. (Allgemeines Gelächter.) 
Vor seinen Augen richtete sich hinter einem geschlagenen Deutschland wohl schon die Riesen- 
gestalt eines siegreichen Rußlands auf, und dann wäre ein geschwächtes Deutschland wieder 
gut genug gewesen, Vasall und Helfer Englands zu sein. 
Meine Herren, Deutschland muß sich seine Stellung so ausbauen, so festigen und stärken, 
daß dle anderen Mächte niemals wieder an eine Einkreisungspolitik denken. (Allseitiger stürmischer 
Beifall.) Zu unserem wie zum Schutz und zum Heile aller anderen Völker müssen wir die 
Befreiung der Weltmeere erringen, nicht um sie, wie England es will, allein zu beherrschen, 
sondern damit sie allen Völkern in gleicher Weise dienstbar sind. Wir wollen sein und bleiben 
ein Hort des Friedens, der Freiheit der großen und der kleineren Nationen. (Lebhafter 
Beifall.) Nicht wir sind es, die die kleinen Völker bedrohen. 
Dieser Krieg hat es an den Tag gebracht, welcher Größe wir fähig sind, gestützt auf die 
eigene sittliche Kraft. Die Macht, die uns die innere Stärke gab, können wir nicht anders als 
im Sinne der Freiheit gebrauchen. Die von ihren Regierungen gegen uns in den Krieg gehetzten 
Völker hassen wir nicht. Aber wir haben die Sentimentalität verlernt. (Lebhafter Beifall.) 
Wir halten den Kampf durch, bis jene Völker von den wahren Schuldigen den Frieden fordern, 
bis dle Bahn frei wird für ein neues, von französischen Ränken, moskowitischer Eroberungs- 
sucht und englischer Vormundschaft befreites Europa.“ (Stürmischer Beifall und Händeklatschen.) 
 
 
 
 
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
     
      
    
    
    
  
 
Der große White-Star-Dampfer „Arabic“ torpediert. 
London, 10. August. Das Reutersche Bureau meldet: Der Dampfer „Arabic“ 
der White-Star-Linie (10000 t) ist auf dem Wege nach Amerika torpediert worden. 
  
London, 20. August. Das Reutersche Bureau meldet vom 10. August: Auf 
der „Arabic“ befanden sich insgesamt 170 Fahrgäste dritter Klasse und 250 Mann 
Besatzung. Viele Passagiere waren Amerikaner. Amtlich verlautet, daß 375 Per- 
sonen gerettet wurden. (W. T. B.)