Full text: Amtliche Kriegsdepechen Band 4 (4)

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die Wehrvorlage gesträubt hätte. (Lachen links.) Ich rate dem Schreiber dieser Schmähschrift 
sich beim damaligen Kriegsminister, dem General v. Heeringen, zu erkundigen, wie wir beide 
zuerst zusammengearbeltet haben für die Stärkung der Armee und wie ich bei der großen Wehr- 
vorlage für jseden Antrag des Kriegsministers bis auf den letzten Mann eingetlreten bin. Noch 
eine der widerwärtigsten BZehauptungen muß ich niedriger hängen. Ich werde beschuldigt, ich 
hälle entgegen dem militärischen BZotum den Mobilmachungsbefehl um drei kostbare Tage, die 
uns nicht nur einen Teil des Elsaß, sondern auch Ströme von Blut gekofket hälten, verzögert 
und das rechtzeitige Losschlagen in der Hoffnung auf meine alte Verständigungsidee mit England 
vereitell. Ja, diese Bersuche, mich mit England zu verständigen, ich weiß, sie sind mein Kapital, 
verbrechen. Wie war denn Deutschlands Lage? Frankreich und Rußland durch eine nicht zu 
sprengende Allianz eng miteinander verbunden, dort eine ftarke Revanchepartei, in Kußland 
einslußreiche expansive, zum Kriege treibende Kreise. Frankreich und Kußland konnten nur in 
Schach gehallen werden, wenn es gelang, ihnen die Hoffnung auf England zu nehmen. (Sehr 
richtigf) Dann hätten sie niemals den Krieg gewagit. (Lebhafie Zustimmung.) Wollte ich 
gegen den Krieg arbeiten, dann mußte ich versuchen, mit England in ein VBerhältnis zu kommen, 
was die Kriegsparteien in Frankreich und Kußland niederhielt. (Bravol) Auch gegenüber den 
mir so gul wie Ihnen bekannten deuischfeindlichen Tendenzen der englischen Einkreisungspoliiik. 
Diesen Versuch habe ich gemacht. Ich schäme mich seiner nicht, auch wenn er fehlgeschlagen 
ist. Wer mir als Zeuge der nun bald zweisährigen Welkkatastrophe mit ihren Hetakomben von 
Menschenopfern daraus ein Derbrechen macht, der möge seine Anklage vor Gott verantworten. 
(Bewegung im ganzen Hause.) Ich sehe meinem #L#rrteil mit Ruhe entgegen. (TLebhafter Beifall.) 
Aber mit der Mobilmachung haben die Verständigungsversuche mit England nichts, gar nichis 
zu tun. Ich soll sie um drei Tage verzögert haben. Weiß der Dunkelmann, der jene Schrist 
geschrieben hat, nicht, daß in senen drel Tagen wir fieberhaft an der Ausgleichung der Gegen- 
sätze zwischen Kußland und Oesterreich-Ungarn gearbeitet haben, daß insonderheit der Kaiser, 
dem nichts mehr am Herzen lag, als seinem Volke den Frieden zu erhalten, darüber persönlich * 
in ununterbrochenem Depeschenverkehr mit dem Zaren stand, sieht er denn nicht, was doch vor 5 
aller Augen liegt, daß, wenn wir drei Tage früher mobilissert hätten, wir diesenige Zlutschuld rl 
auf uns geladen hätten, die Kußland auf sich nahm, als es während laufender und sich günstig * 
entwickelnder Zerhandlungen seinerseits enigegen den uns feierlich gegebenen Versprechungen 
mobils machte. (Hört! hört! Sehr richtig!) Dieser Mann, der so die Geschichte fälscht, nimmt 
sich heraus, über mich zu Gerlscht zu sitzen, und er tul es im Namen einer niederdeutschen 
Bismarckrunde. (Bewegung.) Herunter mit der Maske, damit man sieht, wer es fertig bringt, 
in dieser schwersten Zeit des deutschen Zolkes den Namen Bismarck bei der niederträchtigsten 
VBerhetzung und Verleumdung zu mißbrauchen! (Stürmisches, wiederholtes Zravol) 
Meine Herren! Ein anderes Heft — Der Derfasser nennt sich und trägt einen guien Namen 
(Zuruf: Nennen Sie ihn doch!) — es ist der Generallandschaftsdirektor Kapp, bringt es ferig, 
zu behaupien, die von mir ausgegebene Parole der Einigkeit sange an bei uns dieselbe un, 
gläckliche Rolle zu spielen, wie einst im Jahre 1806, das nach Jena gefallene „staatsverräterische" 
Wort: „RKuhe ist die erste Bürgerpflicht.“ Wo ist heute das Jena Hat der Herr denn gar 
kein Gefühl dasür, wie er die Gegenwart herabsetzt, wenn er in unserer großen Zeit warnend 
an Jena erinnert? (Lebhafte Zustimmung.) 
Hai er die Stirn, mich einen Staatsverräter zu nennen, wenn ich in diesem Kampf um 
alles nur ein einiges Deutschland sehen kann? (Hört! hört!) 
Meine Herren! Es ist bitter, sich gegen die Lügen des feindlichen Auslandes wehren zu 
müssen. Widerlich sind Schmähungen und VBerleumdungen in der Heimat. Aber ich nehme 
« den Kampf auf und werde ihn mit allen Mitieln durchfechten. 
Ich weiß, keine Partei in diesem hohen Hause billigt Hetzereien, die mit Unwahrheiten und 
ügen arbeiten. Aber leider treiben die Hiraten der öffentlichen Meinung häufig Mißbrauch
	        
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