Full text: Amtliche Kriegsdepechen Band 5 (5)

        
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
    
          
        
      
          
      
    
    
    
        
        
      
    
    
     
       
Belgiens zu achten, England sich seinerseiis zur Neutralität verpflichten könne; er stellie ferner 
in Aussicht, daß im Falle der englischen Reutralitäf die Integrität nicht nur des fran- 
zösischen Mutterlandes, sondern auch der französischen Kolonien gaorantiert werden könme. 
Er gab in meinem Aufkrag die Zusicherung, daß wir bereit seien, auf einen Angriff auf Frankreich 
zu verzichten, falls England die Neutralltät Frankreichs verbürgen wolle. In lehier Stunde 
noch machte ich die Zusage, daß, solange England sich neutral verhalte, unsere Flotte die fran- 
zösische Nordküste nicht angreifen und — unter Voraussetzung der Gegenseitigkeit — keine 
seindlichen Operationen gegen die feindlichen Handelsschiffe vornehmen werde. 
Lord Grey hatte auf all dies nur die Antwort: er müsse endgültig jedes Neutralltäts. 
versprechen ablehnen, und er könne nur sogen, daß England sich die Hände freizuhalten wünsche. 
Hätte England diese Neutralstälserklärung abgegeben, so wäre es nicht, wie Lord Grey melnt, 
der VBerachtung der ganzen Welt preisgegeben worden, sondern es hätte sich damit das Verdienst 
erworben, den Ausbruch des Krieges zu verhindern. Auch hier frage lch: Wer hait den Krieg 
gewollt!? Wir, die wir England sede erdenkliche Sicherheit nicht nur für unmittelbare englische 
Interessen, sondern auch für Frankreich und Zelgien zu geben bereit waren, oder England, das 
seden unserer Vorschläge ablehnte und sich welgerte, seinerseits irgendelnen Weg zur Erhaltung 
des Friedens zwischen unseren beiden Ländern auch nur anzudeuten? 
Lord Grey hat sich endlich ausführlich mit der Zelt nach dem Kriege, mit der Gründung 
eines internationalen Bundes zur Bewahrung des Friedens beschäftigt. Auch dazu will ich einige 
Worte sagen. Wenn bei und nach der Beendigung des Krieges selne entsehlichen Berwüstungen 
an Gut und Blut der Welt erst zum vollen Bewußtsein kommen werden, dann wird durch die 
ganze Menschheit ein Schrei nach friedlichen Abmachungen und Bersiändigungen gehen, die, 
soweit es irgend in Menschenmacht liegt, die Wiederkehr einer so ungeheuerlichen Kataftrophe 
verhüten. Dieser Schrei wird so fliark und so berechtigt sein, doß er zu einem Ergebnis führen 
muß. Deutschland wird seden Dersuch, eine praktiiche Lösung zu finden, ehrlich mitprüfen und 
an seiner möglichen Berwirklichung mitarbesten. Das um so mehr, wenn der Krieg, wie wir 
zuversichtlich erwarten, politische Zustände hervorbringt, die der freien Entwickelung aller Nationen, 
kleiner wie großer, gerecht werden. Dabei wird das Prinzip des Rechts und der freien Ent- 
wickelung nicht bloß auf dem Festlande, sondern auch auf dem Meere zur Geltung zu bringen sein. 
Nach dem Kriege, wenn England, wie es meint, uns aufs Haupi geschlagen und über die 
Well nach seinem Willen neu disponiert haben wird, dann sollen sich die Neutralen zu Garanten 
der neuen englischen Weltordnung zusammenschließen. Zu dieser Weltordnung wird auch folgendes 
gehören. Aus zuverlässiger Quelle wissen wir, daß England und Frankreich bereits im Jahre 
1915 Zußland die territoriale Herrschaft über Konskantinopel, den Bosporus und das Westkufer 
der Dardanellen mit Hinterland zugesschert und Kleinasien unter den Ententemächten aufgeteilt haben. 
So sehen die Annexionsabsichten unserer Gegner aus, wozu auch noch Etsaß-Lothringen 
kommi, während ich bei der Besprechung unserer Kriegsziele die Annexion Belgiens niemals 
als unsere Absicht bezeschnet habe. 
Eine solche Gewaltpolitik kann nicht die Grundlage zu einem wirksamen internationalen 
Friedensbunde abgeben. Die erste Vorbedingung für eine Entwickelung der internationalen 
Beziehungen auf dem Wege des Schiedsgerichts und des friedlichen Ausglelchs entgegenstehender 
Gegensätze wäre, daß sich keine aggressiven Koalitionen mehr bilden. Deutschland ifst sederzeit 
bereit, einem Bölkerbunde beizutreten, ja, sich an die Spihe eines Zölkerbundes zu stellen, der 
Friedensstörer im Zaume hält. Die Geschichte der internationalen Zeziehungen vor dem Kriege liegt 
klar vor den Augen aller Welt. Was führte Frankreich an Rußlands Selte? Elsaß-Lothringen. 
Was wollie Kußland? Konskantinopel. Warum schloß sich England ihnen an? Weil ihm Deutsch- 
land in friedlicher Arbeit zu groß geworden war. Lnd was wollen wir? Grey sagt, Deutschland 
habe mit seinem ersten Angebot der Integrität Belgiens und Frankreichs die Erlaubnis Englands 
erkaufen wollen, von den sranzösischen Kolonien zu nehmen, was ihm beliebe. Selbsi dem 
    
   
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