Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Titel II. Die „Rechte der Preußen“ subjeltive Rechte? 93 
kulare Staatsbürgerrecht fortfährt, seinen Ausdruck zu finden. Gerade 
diese echten und wahrhaften Rechte der Preußen sind aber im Tit. II nicht 
geregelt, sondern anderswo. Im Hinblick hierauf ist die dem Tit. II 
von der Reg Vorl gegebene Uberschrift „Von den Rechten der 
preußischen Staatsbürger“ später (zuerst von dem Komm Entw der Nat Vers) 
in „Von den Rechten der Preußen“ geändert worden, weil „der 
Ausdruck Staatsbürger nicht umfassend genug erscheine, da ein Unter- 
schied zwischen bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechten bestehe und- 
die im Tit. II behandelten Grundrechte doch allen Preußen zustehen“ 
(Rauer 121). — Mehr: soweit aus Art. 3—42 subjektive Rechte ent- 
springen — und inwieweit dies der Fall, wird zu untersuchen sein — 
siehen diese keineswegs durchaus nur den Preußen zu. Abgesehen da- 
von, daß mit anderen „bürgerlichen Rechten“ auch die landesverfassungs- 
mäßig den Einheimischen gewährleisteten Freiheiten gemäß Art. 3 RV 
ohne weiteres den landesfremden Reichsangehörigen zugute kommen 
und insoweit die Aufschrift des Tit. II zur Unwahrheit geworden ist, 
waren auch schon vor der NV die Individualrechte dieses Titels, wie 
namentlich die Unverletzlichkeit der Wohnung und des Eigentums, die 
Freiheit der Meinungsäußerung und wissenschaftlichen Forschung, die 
Glaubens= und Assoziationsfreiheit nach dem Verfassungstext und den 
dazu erlassenen Ausführungsgesetzen nicht auf die Inländer beschränkt. 
Endlich zeigt vieles, was in Tit. II steht, im Verhältnis zu dem durch 
die Überschrift gegebenen Begriff ein aliud: es sind Sätze, die weder 
den Preußen noch sonst jemand einen Anspruch verleihen, Recht nur 
im objektiven, nicht im subjektiven Sinne, ja z. T. nicht einmal im 
objektiven Sinne, wenn man nicht auch bloße Verheißungen noch ob- 
jektives Recht nennen will. — Es ist sonach keine Ubertreibung, wenn 
man gesagt hat (Bornhak, preuß. St R 1 295), daß die bberschrift des 
II. Titels in vollständigem Widerspruch zu seinem Inhalt stehe. 
3. In vorstehenden Bemerkungen ist bereits bis zu einem gewissen 
Grade Stellung genommen zu der vielerörterten Streitfrage, ob es sich nicht 
sowohl bei den „Rechten der Preußen" als überhaupt bei allen analogen Be- 
stimmungen deutscher und ausländischer Verfassungen um subjektive 
Rechte, also in Wahrheit um Grundrechte und nicht etwa nur um 
Grundsätze handle. Die subjektivrechtliche Natur der Grundrechte ist 
zuerst von Gerber, dann von Laband, Seydel, Haenel, O. Mayer, 
Bornhak geleugnet, dagegen von v. Roenne, Schulze, Georg Meyer, 
Gierke, Loening, Arndt und anderen bejaht worden (Zitate und weitere 
Angaben bei G. Meyer-Anschütz, StR S. 799 Anm. 1, ein sorgfältiges 
kritisches Referat über die bestehenden Theorien und Meinungsver-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.