Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

96 Titel II. Die „Rechte der Preußen“ subjeltive Rechte? 
in ihnen bezeichneten Angelegenheiten der gesetzgebenden (Art. 2, 13, 31) 
oder Verordnungsgewalt (Art. 37) überweisen. Warum man es für 
gut befunden hat, alle diese Vorschriften in dem Titel „von den Rechten 
der Preußen“ und nicht an passenderen Stellen der Verfassung unter- 
zubringen, kann hier gleichgültig sein, sicher ist, daß auch bei dieser 
Gruppe, wie bei der ersten, (oben 1) von „Rechten der Preußen“, über- 
haupt von subjektiven Rechten keine Rede sein kann. 
III. Gleichwohl wäre es verfehlt, die Ableitbarkeit subjektiver Rechte 
aus Tit. II rund zu verneinen, denn auf manche Vorschriften des 
Titels lassen sich solche Rechte, denen auch das für den Begriff des 
subjektiven Rechts kaum entbehrliche (vgl. Jellinek, System S. 101) Merk- 
mal der vorhandenen Schutzgarantie nicht fehlt, allerdings stützen. Soweit 
dies der Fall, handelt es sich, wie bereits hervorgehoben (oben S. 92, 93), 
überall nicht um staatsbürgerliche (politische), sondern um Typen aus 
dem Kreise der bürgerlichen Rechte (im Sinne des von G. Meyer, 
Staatsr. § 213, und Anschütz, Enzykl. S. 533 befolgten Sprachgebrauchs), 
und zwar sehr viel weniger um Ansprüche auf positive Leistungen 
(hierher gehört in gewissem Sinne Art. 7, da sich aus ihm der An- 
spruch auf staatlichen Rechtsschutz folgern läßt, auch Art. 32, sofern das 
dort gewährleistete Petitionsrecht einen Rechts- und Interessenschutz- 
anspruch in erweiterter und zugleich abgeschwächter Gestalt darstellt) 
als auf ein negatives Verhalten, ein Nichttätigwerden der Staatsgewalt. 
Unter der letzteren ist dabei niemals die gesetzgebende Gewalt zu 
verstehen, da es, wie erwähnt (oben S. 94) Individualrechte gegenüber 
dem Gesetzgeber nicht gibt, sondern die richterliche, ganz besonders aber 
die vollziehende Gewalt, die Verwaltung. Die „Rechte der Preußen“, 
soweit sie wirkliche subjektive Rechte darstellen, sind im Kerne ihres 
Wesens Ansprüche auf Unterlassung von Verwaltungsakten: 
solcher Verwaltungsakte nämlich, die anders und weiter als das Gesetz 
es gestattet, in die von der Verfassung, z. B. in den Art. 5, 6, 9, 11, 12, 20, 
27, 29, 30, 33 bezeichneten Betätigungsmöglichkeiten der persönlichen 
Freiheit eingreifen. Hierbei ist aber sogleich zu betonen, daß Tit. II 
keine erschöpfende Beschreibung dessen enthält, was der einzelne im 
Staate Preußen an Freiheit überhaupt besitzt; die „Rechte der Preußen“ 
sind nicht im ausschließenden Sinne zu verstehen, derart, daß die 
Preußen nur das tun und lassen dürften was Titel II ihnen zu tun 
und zu lassen gestattet. Nicht nur die in der Verfassung genannten, sondern 
auch die dort unerwähnt gebliebenen Bestandteile der individuellen 
Freiheitssphäre, also nicht nur die Religions-, Preß-, Vereinsfreiheit usw., 
sondern z. B. auch die Freiheit der Berufswahl, des Aufenthalts, der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.