Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

104 Artikel 3. Staatsbürgerliche Rechte. 
gelegten Prinzipien, der „Grund= und Freiheitsrechte“. Es ist also in 
dem hier erörterten Streit der Meinungen nicht Zorn, sondern Born- 
hak, O. Mayer, Loening, Seydel, Sarwey und v. Liszt (s. die Zitate 
oben S. 100) beizutreten. 
Artikel 5. 
Die Verfassung und das Gesetz bestimmen, unter welchen 
Bedingungen die Eigenschaft eines Hreußen und die staats- 
bürgerlichen Rechte erworben, ausgeübt und verloren werden. 
1. Entstehungsgeschichte. — Sie bietet wenig Bemerkenswertes. 
Die entsprechende Bestimmung der Regorl (5 3) lautete: „Die Be- 
dingungen für die Erwerbungen und den Verlust des preußischen 
Staatsbürgerrechts werden durch das Gesetz bestimmt;“ der KommEntw 
der Nat Vers Art. 3: „Die Bedingungen für die Erwerbung und den 
Verlust der Eigenschaft eines Preußen, sowie für die Ausübung der 
staatsbürgerlichen Rechte, werden durch die Verfassung und besondere 
Gesetze bestimmt.“ An Stelle dieser letzteren setzten die Zentralabteilungen 
der Nat Vers die Fassung, welche in die oktr V übergegangen ist, die 
Revision unverändert passiert hat und somit geltendes Recht geworden ist. 
2. Auslegung. — I. „Eigenschaft eines Preußen“ ist dasselbe, 
was die Reg Vorl mit „Staatsbürgerrecht“ bezeichnet: Mitgliedschaft am 
preußischen Staatsverbande, Staatsangehörigkeit. Unter „staats- 
bürgerlichen Rechten“ haben die verfassunggebenden Faktoren wohl 
sicher etwas Mehreres verstanden als nur die staatsbürgerlichen Rechte 
im engeren und eigentlichen Sinne (s. oben S. 92); es sind hier 
nicht bloß diese, sondern alle subjektiven Rechte gemeint, welche dem 
Staatsangehörigen gegen den Staat zustehen. Für diese weite Aus- 
legung des Ausdruckes „staatsbürgerliche Rechte“ im Sinne des Art. 3 
spricht zunächst, daß die heutige Schärfe der Unterscheidung zwischen 
„bürgerlichen“ und „staatsbürgerlichen“ Rechten dem zur Entstehungszeit 
der Verfassung herrschenden Sprachgebrauch noch nicht geläufig war und 
beide Bezeichnungen meist als gleichbedeutend verwandt wurden, so- 
dann, daß Art. 3 an die Spitze des Tit. II gesetzt ist, was die Annahme 
nahelegt, daß unter den „staatsbürgerlichen Rechten“ auch und besonders 
die in diesem Titel geordneten „Rechte der Preußen“, welche doch 
(s. oben S. 92, 93) zu den staatsbürgerlichen Rechten im eigentlichen Sinne 
nicht gehören, mitverstanden sein sollen. Auch die Entstehungsgeschichte 
des Artikels läßt keine andere Deutung zu. In dem Berichte des 
Zussch der I. K. heißt es (I. K. S. 643), es sei davon auszugehen, „daß
	        
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