Artikel 9 keine Grenzscheide zwischen Gesetz und Verordnung. 159
Gesetzgebung aufzählen“ (Arndt). Wenn Arndt — Selbst. VR77, 78, auch
Vuch 17 357 und 20 257 — „in teilweiser Anderung bzw. unter schärfere
Präzisierung“ seines „früheren Standpunktes“ (tatsächlich liegt nicht „Präzi-
sierung“", sondern „Anderung“ vor; vgl. oben S. 137), annimmt, „daß
Art. 9 auf allgemeine Veränderungen in den Eigentumsrechten im Sinne
des Gesetzes vom 5. Juni 1823 Bezug hat, diese der Mitwirkung der
Kammer unterstellend“, so läßt sich für die Richtigkeit dieser Annahme
nicht sowohl, wie Arndt selbst zugeben muß, kein „stringenter Beweis“,
als überhaupt kein Beweis erbringen. Und zwar liegt dies nicht an dem
von Arndt beklagten „Mangel an Motiven zum Regierungsentwurf“.
Die Reg Vorl kommt gar nicht in Betracht, da der erste Satz des nach-
maligen Art. 9 in ihr noch fehlte (vgl. oben S. 153). Später aber, nach
Aufnahme des Satzes, mangelt es nicht an Außerungen, welche einer
amtlichen Begründung ganz gleichartig sind. Sie sind oben S. 153ff.
wiedergegeben; von Wichtigkeit ist insbesondere der Ber d ZAussch, dem die
durch den Justizminister vertretene Staatsregierung durchweg zustimmte.
Was damals bei den Revisionsverhandlungen gesagt wurde, bietet überall
keine Handhabe für eine so weitgreifende Auslegung, wie sie Arndt für
richtig hält. Wer sich streng an diese Materialien hält und sich allein von
ihnen leiten läßt, muß sogar annehmen, daß man bei dem ersten Satze
des Artikels ebenso wie bei dem zweiten lediglich an den engbegrenzten
Spezialfall der Enteignung gedacht hat (vgl. S. 156). Auch sprechen die
Tatsachen, daß die Komm der Nat Vers und ihr Vorsitzender Waldeck
den Satz 1 für unnötig hielten (ungenau Arndt a. a. O. 78), daß der
Wert des Satzes auch bei der Revision auffällig gering geschätzt wurde, —
daß viele wohl mit dem Abg. v. Bismarck-Schönhausen (II. K. 7. Dez.
1849, Sten Ber. 1601) in dem Satze „eine der Phrasen“ sahen, „welche
die Verfassung mehr zieren als ihren Inhalt vermehren“, durchaus gegen
die Arndtsche Hypothese. Arndt legt, wie sein Vorgänger E. Mayer,
von welchem die Hypothese stammt (val. bei Art. 5 S. 137) zu viel und
vor allem etwas anderes in den Satz hinein als was er sagen will. Der
Satz „das Eigentum ist unverletzlich“ will das Privateigentum vor un-
gesetzlichen administrativen Eingriffen in Schutz nehmen, das Prinzip der
gesetzmäßigen Verwaltung dem Privateigentum gegenüber zum Ausdruck
bringen. Nach E. Mayer und Arndt soll dagegen auf ihm — und auf
ihm allein — der Grundsatz beruhen, daß „allgemeine Veränderungen
in den Eigentumsrechten“ (also auch solche, die dem Privatrecht angehören)
nur im Gesetzgebungs-, nicht im Verordnungswege bewirkt werden dürfen.
Folgt man dieser Theorie, so wäre die Krone, wenn der Satz „das
Eigentum ist unverletzlich“ nicht in der Verfassung stünde, befugt, alle