166 Artikel 9. Begriff der Enteignung.
heitsschädlicher Nahrungsmittel) bewirkt oder der Eigentümer hinsichtlich
der Ausübungseines Rechts in die bestehenden öffentlichrechtlichen Schranken
(vgl. oben 160 f.) gewiesen wird. — über die hier vertretene Begrenzung
des Enteignungsbegriffs herrscht ziemlich allgemeines Einverständnis (vgl.
Dochow-Meyer 70, 71, Sarwey, württemb. St R 1 247, 249, Anschütz,
Vlrrch 5 33 ff. (und die dort, 34 N. 21 zit. Literatur), Otto Mayer, Ver-
waltungsrecht 2 3, 278 N. 6, Rehm in seinem Gutachten über die Verstaat-
lichung der Mobiliarbrandversicherung in Bayern (1906), 89, 90, Layer,
Prinzipien des Enteign.-R. 16ff., 660), ebenso auch darüber, daß Art. 9
Satz 2 und seine Analoga in andern Verfassungen nur auf den Fall der
Enteignung in dem angegebenen Sinne zu beziehen sind: vgl. Meyer-
Anschütz § 222, vRZ 2 218, Schwartz zu Art. 9 Note B, Arndt, Komm.
103, 104, v. Stengel, Annal. 1901, 564, Anschütz a. a. O. 35 N. 26, 63
N. 108, 83, Fleiner, Institutionen des V R 246ff., OVG 37 136ff.; ferner
für das bayer. Recht: v. Seydel, bayer. St R 1 396, 2 371 und Rehm
in dem angeführten Gutachten 92, für Württemberg: Sarwey a. a. O.
247 ff., für Baden: Walz, Ztschr. f. bad. Verwaltung 33 238ff.; ferner im
allgemeinen: Goeppert-Eck in Iherings dogmat. Jahrb. 22 154 f. Auch
Oppenhoff, Ressortverhältnisse (2. Aufl.) 54 ff., 336 ff., und Otto Mayer,
VR 2 348, 349, Entschädigungspflicht des Staates nach Billigkeitsrecht
(1904), 12 ff., Entschädigungspflicht des Staates, WS##t VR 1 731 ff., Fleiner,
Inst. 229ff. stützen den öffentlichrechtlichen Entschädigungsanspruch in Fällen
die außerhalb des Enteignungsrechts liegen, nicht auf die verfassungsrecht-
lichen Eigentumsgarantien, Art. 9 und seine Parallelstellen. Dagegen
wollen Biermann, Privatrecht und Polizei 184 und besonders Rehm, Art.
„Fiskus“ in v. Stengels Wörterb. d. VR, (1. Aufl.) Erg.-Bd. 3 97 ff. (ab-
weichend von der Ansicht, die er für den dem Art. 9 analogen § 8 Tit. IV
der bayer. Vll in dem zitierten Gutachten aufstellt) die Tragweite des
zweiten Satzes über den Fall der Enteignung hinaus erstrecken: Biermann
auf alle administrativen Eingriffe, „die nicht nur die gesetzlichen Schranken
des Eigentums geltend machen“, Rehm auf alle, ausgenommen a. solche,
ohne die eine obrigkeitliche Tätigkeit überhaupt nicht möglich ist, b. polizei-
liche Verfügungen, c. Anordnungen, deren Wirkung auf das Privat-
eigentum „tkeine beträchtliche“ ist. Beide Meinungen finden im Wort-
laut und der Entstehungsgeschichte des Art. 9 keinen Anhalt; Rehms
Unterscheidungen sind zudem, soweit sie mit dem Momente der „Beträcht-
lichkeit“ operieren, unjuristisch. Gegen die in diesen Meinungen ver-
körperte Theorie auch Fleiner a. a. O. 246ff.
8. Der Auslegung, welche Biermann und Rehmdem zweiten Satze geben,
muß auch noch unter einem anderen Gesichtspunkte widersprochen werden.