Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

176 Artikel 9. Entschädigung für nicht expropriative Eingriffe. 
tiert von Oppenhoff a. a. O.). „Hoheitsrechte“ in diesem rein historischen 
und positivrechtlichen Sinne sind zunächst die gesetzgebende Gewalt 
und die Justiz (außer der heute nicht mehr in Betracht kommenden 
Patrimonialgerichtsbarkeit, vgl. Anschütz 966 Anm. 82), ferner aber auch 
mehrere Stücke der vollziehenden Gewalt, Verwaltungsfunktionen im 
modernen Sinne, wie z. B. die auswärtige und Militärverwaltung, die 
Aufsicht über Gemeinden, Korporationen und öffentliche Anstalten, — 
wogegen die Polizei nur als Polizeiverordnungsrecht (welches das 
A##n, II 13, § 6, als Ausfluß der gesetzgebenden Gewalt auffaßt), nicht 
aber im übrigen und im ganzen, insbesondere nicht als polizeiliches 
Verfügungsrecht in den Kreis dieser „Majestäts- und Hoheitsrechte“ 
gehört. Das auf der Positivität des altpreußischen Staatsrechts be- 
ruhende, durch dessen Eigentümlichkeiten bedingte Ergebnis der Auslegung 
des § 75 Einl. z. ALR und der KO von 1831 geht also, zusammen- 
gefaßt, dahin: die Entschädigungsklage aus § 75 kann nicht gestützt werden 
auf rechtmäßige Handhabung der gesetzgebenden Gewalt (einschließlich des 
Polizeiverordnungsrechts), der Justiz und solcher Verwaltungsfunktionen, 
die nach dem für das Verständnis der KO von 1831 maßgebenden 
Sprachgebrauch zu den „Mojestäts- und Hoheitsrechten“ gehören. Sie 
kann gestützt werden auf „Einrichtungen in der Verwaltung“, z. B. auf 
die Vornahme öffentlicher Arbeiten, die Verwaltung öffentlicher Anstalten 
— wofern hier nicht, was meistens der Fall sein wird (Anschütz 86 ff.), 
privatrechtliche Gesichtspunkte entscheiden —, weiterhin und namentlich 
auch auf polizeiliche Verfügungen, welche in das Privateigentum ein- 
greifen, — wofern nur solche Verfügungen nicht lediglich als Konkretisierung 
von Eigentümerpflichten erscheinen, welche in den Gesetzen (Gesetzen im 
formellen Sinne und Verordnungen, insbesondere Polizeiverordnungen) 
vorbehalten und geregelt sind und der Entschädigungsanspruch damit im 
Hinblick auf AL 1 22, §§ 1, 2 (vgl. oben S. 175 und Anschütz 118ff.) 
zessiert. Die von Rehm, Art. „Fiskus“, 98, übernommene Behauptung 
O. Mayers, DVMR 2 351, daß die öffentlichrechtliche Entschädigung bei 
„Polizeimaßregeln jeder Art“ ausgeschlossen sei, ist mithin für das 
preußische Landrechtsgebiet in dieser Allgemeinheit unrichtig (vgl. auch 
Fleischmann 374 Nr. 36, Biermann 185; vR3 2 218 Nr. 1 scheint meine 
von ihm zitierten Ausführungen mißverstanden zu haben). — 
Außerhalb des Geltungsbereichs des A###ist weder dessen § 75 
Einl. noch, soweit sie ihn deklariert bzw. abändert, die KO von 1831 
anwendbar (vgl. oben S. 175). Entsprechende Normen des Gemeinen 
oder Partikularrechts bestehen in den nichtlandrechtlichen Gebietsteilen 
Preußens nicht (vgl. über das Gemeine Recht Anschütz 28ff., 85 Nr. 51,
	        
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