Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Stein und Hardenberg. Das erste Finanzedilt. 5 
man damals sagte, wird hier freilich noch nicht ausgesprochen, es steht 
aber fest, daß Stein ihre Erhebung sich vorbehielt (Lehmann 2 76, 77; 
v. Treitschke 1 287). Erhoben wird sie mit aller Entschiedenheit in einer 
dritten großen Staatsschrift Steins aus jenen Jahren, dem (von Schön 
entworfenen) „Rundschreiben an die obersten Verwaltungsbehörden“ 
vom 24. November 1808, welches, vom Tage seiner Entlassung datiert, 
gem und mit Recht als sein „politisches Testament“ bezeichnet wird. 
Der scheidende Minister erinnert hier an unverwirklicht gebliebene, 
aber fortdauernd anzustrebende Reformen, er führt als wichtigste an: 
einmal die Aufhebung der patrimonialen Justiz und Polizei der Guts- 
herren, sodann aber die Einführung einer „allgemeinen National- 
repräsentation“ — und führt hierzu aus: „Wenn dem Volke alle 
Teilnahme an den Operationen des Staates entzogen wird 
kommt es bald dahin, die Regierung teils gleichgültig, teils in ein- 
zelnen Fällen in Opposition mit sich zu betrachten .. Wo Re- 
präsentation des Staates unter uns bisher stattfand, war sie höchst 
unvollkommen eingerichtet. Mein Plan war dieser, jeder aktive 
Staatsbürger, er besitze 100 Hufen oder eine, er betreibe Landwirt- 
schaft oder Fabrikation oder Handel, er habe ein bürgerliches Gewerbe 
oder er sei durch geistige Bande an den Staat geknüpft, habe ein Recht 
zur Repräsentation. Mehrere mir hierzu eingereichte Pläne sind von 
mir vorgelegt. Von der Ausführung oder Beseitigung eines solchen 
Planes hängt Wohl oder Wehe unseres Staates ab; denn auf 
diesem Wege allein kann der Nationalgeist positiv erweckt und belebt 
werden.“ 
So schloß das amtliche Wirken des Freiherrn vom Stein mit 
einem vollen Bekenntnis zu der Zurückverlegung des Staates in das 
Volk, welche das Wesen des Konstitutionalismus bildet. Die ersten 
Versuche, sein Testament zu vollstrecken, wurden unternommen von 
Hardenberg, der im Sommer 1810 als Staatskanzler an die Spitze 
der preußischen Regierung getreten war. 
Am Schlusse des Ediktes über die Finanzen des Staates vom 
27. Oktober 1810 (GS 31) ließ Hardenberg den König sagen: „Wir 
behalten Uns vor, der Nation eine zweckmäßig eingerichtete Re- 
präsentation, sowohl in den Provinzen als für das Ganze zu geben, 
deren Rat Wir gern benutzen und in der Wir nach Unseren landes- 
väterlichen Gesinnungen gern Unsern getreuen Untertanen die Uberzeugung 
fortwährend geben werden, daß der Zustand des Staates und der 
Finanzen sich bessern und daß die Opfer, welche zu dem Ende ge- 
bracht werden, nicht vergeblich sind.“ Damit war die Einführung
	        
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