6 Landesdeputiertenversammlung von 1811.
einer Volksvertretung in den Organismus des preußischen Staates
zum ersten Male von der Krone öffentlich gutgeheißen. Der erste
tastende Versuch, das Verheißene auszuführen, ließ nicht lange auf
sich warten. Vornehmlich um die öffentliche Meinung von der Not-
wendigkeit einer durchgreifenden Steuerreform zu überzeugen, berief
der Staatskanzler anfangs 1811 eine „Landesdeputiertenversammlung“
nach Berlin, bestehend aus 8 höheren Beamten, 18 ritterschaftlichen,
11 städtischen, 8 bäuerlichen Vertretern, alle von der Krone ernannt.
Der Verlauf der Versammlung, welche vom Februar bis September
1811 tagte, war ebenso unerfreulich wie ergebnislos. Die Verhand-
lungen waren erfüllt von erbitterten Protesten der stets das große
Wort führenden ritterschaftlichen Deputierten nicht nur gegen die ge-
planten Steuergesetze, sondern überhaupt gegen alle unter Stein und
Hardenberg vorgenommenen und beaksichtigten Reformen, — Proteste,
die in Geist und Ton sich zumeist auf der Höhe einer gleichzeitigen
Beschwerdeschrift hielten, in welcher die Stände der Kreise Lebus,
Beeskow und Storkow den Staatskanzler fragten, ob man das alte
ehrliche brandenburgische Preußen in einen neumodischen Judenstaat
verwandeln wolle (v. Treitschke 1 374). Auf diesen groben Klotz setzte
der also Angeredete einen groben Keil; er ließ die beiden ersten
Unterzeichner der Eingabe, v. d. Marwitz und Graf Finckenstein, ver-
haften und auf einige Zeit in der Festung Spandau internieren, sich
aber im übrigen von der Fortsetzung seiner Reformpolitik und ins-
besondere von dem Weiterschreiten auf der dem Konstitutionalismus
entgegenführenden Bahn nicht abschrecken. Kurz vor dem Schluß der
Landesdeputiertenversammlung brachte die GS (1811 S. 262) ein
afermerweites Edikt über die Finanzen des Staates“ vom 7. Septem-
ber 1811, worin (§ 14) der König erklärte, daß seine Absicht „noch
immer dahin gehe, der Nation eine zweckmäßig eingerichtete Re-
präsentation zu geben.“ Da indessen die hierzu erforderlichen Vor-
bereitungen Zeit erforderten „und Wir sehr wünschen, Uns früher und
besonders in der gegenwärtigen Epoche, wo wechselseitiges Vertrauen
und patriotisches Zusammenwirken im höchsten Grade notwendig sind,
mit achtbaren Männern aus allen Ständen Unserer Provinzen zu
umgeben, die das Vertrauen ihrer Mitbürger haben und das Unsrige
verdienen“", so solle die durch das Edikt vom 27. Oktober 1810 an-
gekündigte, nunmehr organisierte Generalkommission zur Regulierung
der Kriegsschulden — bestehend aus 39 gewählten Mitgliedern
(18 Rittergutebesitzer, durch die Kreisstände, 12 bürgerliche und
9 bäuerliche Vertreter), im indirekten Verfahren durch „Wahldeputierte"