Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Artikel 13. Rechte der korporierten Religionsgesellschaften. 247 
meinsame, öffentliche Religionsübung“) und gleichen Maße zuerkennt, mit- 
hin in dieser Hinsicht jede Disparität verbietet (vgl. oben S. 212, 214 ff.). 
So ist es wohl auch gemeint, wenn der ZüAussch in seinem Berichte 
zu dem Artikel loben S. 236) darauf hinweist, daß die in Gemäßheit 
des Artikels ergehenden Spezialgesetze sich nicht „mit Regulierung der 
Kultusverhältnisse der betreffenden Religionsgesellschaften“ zu befassen 
haben würden. „Regulierungen“ dieser Art wären nichts anderes als 
sonderrechtliche Beschränkungen oder Abstufungen der Kultusfreiheit und 
daher mit Art. 12 unvereinbar. — 
Gewisse Sonderrechte kommen den für rechtsfähig erklärten (Sy- 
nonyma der Gesetzessprache: „mit Korporationsrechten versehenen“, 
„mit Korporationsrechten innerhalb des Reichsgebietes bestehenden“) 
Religionsgesellschaften kraft allgemeiner reichs- und landezsgesetzlicher 
Bestimmungen, also ipso jure zu. Diese Sonderrechte, durch deren 
Besitz die korporierten Religionsgesellschaften sich wesentlich von den 
nicht korporierten unterscheiden, sind folgende: 
1. Die „mit Korporationsrechten innerhalb des Bundesgebietes 
bestehenden Religionsgesellschaften“ genießen einen besonderen strafrecht- 
lichen Schutz gegen öffentliche Beschimpfung ihrer selbst und ihrer Ein- 
richtungen oder Gebräuche: StrG B §/. 166 (während bei anderen Reli- 
gionsdelikten, z. B. StrGB §K7167, 233 Nr. 1, 304, 306 Nr. 1, eine 
Privilegierung der korporierten Religionsgesellschaften nicht stattfindet). 
2. „Kirchen, Kapellen und andere dem öffentlichen Gottesdienste 
gewidmete Gebäude, sowie die gottesdienstlichen Gebäude der mit 
Korporationsrechten versehenen Religionsgesellschaften“ sind von öffent- 
lichen Lasten befreit: reichsgesetzlich (Gesetz betr. die Quartierleistung für 
die bewaffnete Macht während des Friedenszustandes vom 25. Juni 
1868, § 4 Nr. 5) von der Quartierlast, landesgesetzlich (KAG# # 24 zug) 
von der Gemeindegrundsteuer. Daß die korporativen Religionsgesell- 
schaften in Preußen auch von der Gemeinde einkommensteuer befreit 
seien, wie Schoen, Evang. Kirchenrecht 1 169 N. 1 behauptet, ist ein 
Irrtum, val. Noell-Freund, Komm. z. KA# 144. 
3. „Deutsche Religionsgesellschaften, denen die Rechte juristischer 
Personen zustehen“, sind in Preußen von der Landesstempelsteuer be- 
freit: Stempelsteuergesetz vom 31. Juli 1895 §85 zu c. 
4. „Kirchliche und religiöse Vereine und deren Versammlungen, 
wenn diese Vereine Korporationsrechte haben“, sind in vereins- und 
versammlungsrechtlicher Beziehung privilegiert durch § 2 Abs. 3 des 
Pr LG vom 11. März 1850. Dieses oben bei Art. 12 S. 204 ff. näher 
erörterte Privileg geht dahin, daß die korporierten Religionsgesell-
	        
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