260 Artikel 13. Bedeutung des „besondere“.
fassungsänderung erfordern (zustimmend Giese 297, aM Meurer, Jur.
Personen 341).
Das Prinzip der Individualisierung bezieht sich nur auf die Religions-
gesellschaften als solche, als Gesamtheiten, nicht auf ihre Einzelorganisationen
(Gemeinden). Art. 13 fordert, daß das die Rechtsfähigkeit verleihende Ge-
setz sich auf eine bestimmte Religionsgesellschaft beziehe, und gestattet,
daß es alle jeweils vorhandenen (oben 249, 250) Einzelgemeinden
derselben allgemein für rechtsfähig erklärt. Auch ist zulässig, daß die
Verleihung der Rechtsfähigkeit vom Gesetzgeber einer Verwaltungsinstanz
übertragen wird, denn wenn die Verfassung dem Gesetzgeber ein Recht
zuspricht, will sie ihm nicht verbieten, dieses Recht zu delegieren. Da-
her ist gegen die Bestimmungen des Mennoniten-, des Baptisten- und
des Altlutheranergesetzes (s. oben S. 246 und 250), wonach die Ge-
meinden der erstgenannten Sekten bzw. der Verein der evangelisch-
altlutherischen Kirchengemeinden durch gemeinschaftliche Verfügung der
Minister der Justiz, des Innern und der geistlichen Angelegenheiten
Korporationsrechte erlangen können, ein Verfassungsbedenken nicht zu
erheben. S. oben S. 253.
8. Die in Gemäßheit des Art. 13 begründete Rechtsfähigkeit kann
beendigt werden zunächst auf demselben Wege, auf dem sie entstanden
ist: dem des „besonderen Gesetzes“. Davon war bereits oben S. 253
die Rede. Außerdem erreicht sie selbstverständlich ihr Ende, wenn ihr
Träger, die betreffende Religions= bzw. geistliche Gesellschaft, sein Dasein
einbüßt. Letzteres kann durch freiwillige Auflösung, bei Ordensnieder-
lassungen auch durch Verfügung der Staatsgewalt (G. vom 3. Mai 1875,
8§& 1, 2; G. vom 14. Juli 1880, Art. 6 Abs. 2, G. vom 29. April 1887,
Art. 5 9 2) geschehen. Die Wiederzulassung einer von Staats wegen
aufgelösten Niederlassung hat, wie oben S. 251 bemerkt wurde, das
Wiederaufleben ihrer einstigen Rechtsfähigkeit nicht zur Folge.
Artikel 14.
Die christliche Religion wird bei denjenigen Einrichtungen
des Staats, welche mit der Religionsübung im Susammen-=
hange stehen, unbeschadet der im Art. 12 gewährleisteten
Religionsfreiheit, zum Grunde gelegt.
1. Entstehungsgeschichte. — Ein Artikel dieses Inhalts war
weder in der Reg Vorl noch im KommEntw der NatVers noch in
der oktr enthalten und auch im Züussch der l. K. nicht be-