Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Artikel 14. Christlichkeit der Institutionen, nicht der Personen. 271 
ruhe, theologische Fakultäten „Einrichtungen“ im Sinne des Art. 14 
sind, so erfordert doch weder die Eidesabnahme noch der Erlaß oder 
die Durchführung von Polizeivorschriften über die Sonntagsruhe Zu- 
gehörigkeit der betreffenden Beamten zum Christentum und auch die 
Anstellung eines Nichtchristen als Professor der Theologie an einer 
Staatsuniversität ist an sich de jure nicht unzulässig. Wenn die General- 
synode der evangelischen Landeskirche der älteren Provinzen Preußens 
wiederholt (1894 und 1897) Anträge angenommen hat, wonach dahin zu 
wirken sei, „daß nur ein christlicher Richter einem Christen den Eid ab- 
nehmen dürfe“, so ist demgegenüber von dem Syn. Kahl überzeugend 
dargetan worden, daß ein solches Verlangen, einerlei ob es sich auf 
Art. 14 stützen könne oder nicht, „eine zurzeit unmögliche Abänderung 
des Gesetzes vom 3. Juli 1869, des Fundamentalgesetzes der Gewissens- 
freiheit im Deutschen Reich“ bedinge (Verh. d. Gen.-Syn. v. 1894, 
Berlin 1895, 118ff., vgl. auch Hubrich, Konfessioneller Eid oder religions- 
lose Beteuerung /(1900)], 130 ff., 134 Nr. 2. — Gänzlich unbegründet sind 
die weitergehenden Forderungen Fürstenaus (oben S. 224, 225), wonach 
Art. 14 die Nichtchristen von jeder Ausübung des staatlichen ius circa 
sacra ausschließen soll. Wäre das richtig, so würden den Nichtchristen 
nicht nur alle höheren Verwaltungsposten, sondern auch die Amter der 
ordentlichen und der Verwaltungsgerichtsbarkeit durch die Verfassung 
verschlossen sein, denn jenen, den administrativen Instanzen (Minister, 
Oberpräsident, Regierungspräsident) ist das ius circa sacra, insbesondere 
die Staatsaufsicht über die Kirchen, ressortmäßig übertragen, und diese, 
die richterlichen, sind gleichfalls zuständig, auf gewissen Gebieten der 
Verhältnisse zwischen Staat und Kirche zu judizieren (vgl. Kahl, Lehrsystem 
354 ff., 368 f.), mithin die staatliche Kirchenhoheit als Gerichtshoheit zu 
betätigen. Das Prinzip der bürgerlichen und politischen Gleichberechtigung 
der Nichtchristen mit den Christen wäre vollkommen illusorisch gemacht. 
Auch würde die Fürstenausche Ansicht, folgerichtig weitergedacht, zu dem 
Satze führen, daß der oberste Träger des ius circ#a sacra, der König, 
sich zu einer der christlichen Konfessionen bekennen müsse, — ein Satz, 
der als Rechtssatz und Sukzessionsausschlußgrund dem preußischen 
Staatsrecht sicherlich fremd ist (vgl. Anschütz, Enzykl. 572, 573). — 
Die Vorschriften über die Konfessionszugehörigkeit der Lehrer 
an den öffentlichen Volksschulen sind eine Sache für sich; sie 
finden ihre verfassungsmäßige Grundlage nicht im Art. 14 (irrig Klotzsch, 
Komm. zum VIl bei v. Brauchitsch 7 161 Nr. 4, richtig dagegen 
Makower, DJIi XI 197), sondern (was Makower a. a. O. zu über- 
sehen scheint) im Art. 24 Abs. 1 und ihre Ausgestaltung im VUW#,
	        
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