286 Artikel 15. Kirchenpolitische Praxis 1850—1873.
Angelegenheiten selbständig, die äußeren unter gesetzlich
geordneter Mitwirkung des Staates und der bürger-
lichen Gemeinden, und bleibt im Besitz und Genuß der für
ihre Kultus--, Unterrichts- und Wohltätigkeitszwecke bestimmten
Anstalten, Stiftungen und Fonds, soweit sie darauf ein Recht
hat oder erwirbt.“
Kommission und Plenum der II. K. vermochten sich mit dieser
Fassung bzw. mit den Amendements v. Ammon, auf denen sie beruhte,
nicht zu befreunden. Der Bericht der RevKomm (II. K. 1082) macht
gegen jene Amendements geltend „die an Unmöglichkeit grenzende
Schwierigkeit, unter den wirklich eigenen Angelegenheiten der Kirche
die äußeren von den inneren zu scheiden"“. Andererseits stehe dem
Staat bereits die Befugnis zu, „bei denjenigen Angelegenheiten der
Kirche, welche deshalb äußere genannt zu werden pflegen, weil sie den
Staat und seine Interessen mit berühren, seine Stellung in angemessener
Weise zu wahren“; die von der I. K. beschlossene Heraushebung der
Externa sei also insoweit selbstverständlich und unnötig. Unnötig sei
auch der Zusatz „soweit sie darauf ein Recht hat oder erwirbt“, da
auch auf Grund des Textes der oktr V die Kirche keine Rechte bean-
spruchen könne, welche sie nicht erworben habe. Solchergestalt gelangte
die RevKomm zur Empfehlung unveränderter Beibehaltung des Art. 12
oktr V, und dem trat die II. K. nach weitschichtigen Debatten (9. bis
12. Nov. 1849, II. K. 1085—1151) unter Ablehnung von 14 Ver-
besserungsanträgen (s. dieselben bei v. Roenne, Vul 40) schließlich auch
bei; nur wurde (auf Antrag des Abg. Fubel) ein „transitorischer Artikel“
hinzugefügt, lautend: „Das landesherrliche Kirchenregiment hat die Über-
leitung der evangelischen Kirche zu einer selbständigen Verfassung herbei-
zuführen, damit sie die ihr im Art. 12 überwiesenen Rechte übernehmen
und ausüben könne.“
Eine Einigung der Rev.-Kammern erfolgte auf der Grundlage, daß
beide auf ihre Abänderungswünsche verzichteten: die I. K. auf die
Ammonschen Zusätze (I. K. 1944 ff.), die JI. K. auf den die „Uber-
leitung“ der evangelischen Kirche betreffenden transitorischen Artikel
(I. K. 1948, II. K. 1762). So war es bei der Wortfassung der oktr B
verblieben, deren zwölfter Artikel im Text der revidierten Verfassung
die Nummer 15 erhielt.
II. Die Anwendung in der Praxis 1850—1873. — Die in dem
nachdrücklichen „discite moniti“ des Abg. v. Ammon (I. K. 998)
gipfelnden Warnungen einsichtiger Mitglieder der Rev.-Kammern vor
allzuweitgehender Preisgabe der staatlichen Kirchenhoheit haben sich bald