Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

308 Artikel 15. Der Wirkungskreis 
abgelehnt, neben den inneren auch die äußeren Angelegenheiten als 
Gegenstand der kirchlichen Selbstverwaltung ausdrücklich zu bezeichnen. 
Dieser ablehnende Standpunkt, welcher, nachdem die I. K. ihren Wider- 
spruch aufgegeben (oben S. 286) im Art. 15 Gesetz geworden ist, wurde 
erstens mit der „an Unmöglichkeit grenzenden Schwierigkeit, unter den 
Angelegenheiten der Kirche die äußeren von den inneren zu scheiden“ 
(oben S. 286, vgl. auch S. 283), also damit begründet, daß die Unter- 
scheidung unklar und schon deshalb legislatorisch unbrauchbar sei, zweitens 
damit, daß die Aufnahme des Unterschiedes die Vorstellung erwecken 
könne, als ob die sog. Externa (z. B. das kirchliche Finanz- und Amter- 
wesen) der Kirche überhaupt nicht „selbständig“, sondern nur zusammen 
mit dem Staat zu verwalten seien (dies wollte die I. K. durch den 
Vorbehalt der „Mitwirkung"“ des Staates und der bürgerlichen Ge- 
meinden bei Verwaltung der Externa ausdrücklich festlegen, vgl. oben 
S. 286) und als ob andererseits die Interna (z. B. Dogma und Kultus) 
als solche und prinzipiell jedem, auch nur abwehrenden („negativen“, 
wie die amtlichen Erläuterungen, oben S. 283, es nennen) staatlichen 
Einfluß, jeder Beaufsichtigung durch den Staat entrückt seien (s. auch 
S. 295). Der Wille des Gesetzgebers geht also dahin: nicht nur die 
interna, sondern auch die externa, einerleit was streitende Meinungen 
zu der einen oder andern Kategorie rechnen mögen, sind der ordnenden 
und verwaltenden Selbsttätigkeit der Religionsgesellschaften in gleicher 
Weise (die rein externen Angelegenheiten der Vermögens- und sonstigen 
Finanzverwaltung also nicht minder wie Dogma und Kultusordnung, 
welche stets oder doch regelmäßig „internen“ Charakter haben) über- 
lassen. Die „positive Teilnahme“ des Staates (Ausdruck der „Er- 
läuterungen“, vgl. oben S. 283), d. h. die Verwaltung oder auch nur 
Mitverwaltung durch den Staat hört nach Art. 15 auch im Bereiche 
der externa auf; — andererseits bleibt die aufsichtliche Stellung des 
Staates, das „negative Recht“ im Sinne der Erläuterungen (oben 
a. a. O und S. 291) bestehen und zwar nicht nur den externis, sondern 
auch den internis gegenüber. Auch die Interna unterliegen der auf- 
sichtlichen Ingerenz des Staates; — ob durchweg in demselben Maße 
wie die Externa, ist eine Frage für sich, eine Frage freien gesetzlichen 
Ermessens, welche, wie die Gestaltung des Aussichtsrechts überhaupt, 
durch das Prinzip des Art. 15 nicht berührt wird (vgl. auch oben S. 305). 
Der Vollzug des Art. 15 forderte nach dem Gesagten die Aus- 
antwortung nicht nur der inneren, sondern auch der äußeren kirchlichen 
Angelegenheiten an die betreffenden Kirchen (Religiogsgesellschaften) 
und deren Organe, stets vorbehaltlich der bestehenden und erforder-
	        
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