Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

322 Artikel 15. Sind die Konsistorialbeamten Kirchen- oder Staatsbeamte? 
Fall ist. Das landesherrliche Kirchenregiment ist subjektiv und sub- 
stantiell Kirchen-, nicht Staatsgewalt (so die herrschende Meinung, 
gut zusammengefaßt von Theinert, Ein Beitrag zur rechtlichen Kenn- 
zeichnung der Konsistorial-Synodalverfassung (19061, 74 f.; vgl. auch 
desselben Verfassers Ausführungen im Vürch 16 87 ff., 91; überein- 
stimmend das OVG 20 458 ff.). Die kirchenregimentlichen Verwaltungs- 
geschäfte des Superintendenten sind nicht minder Kirchendienst wie 
seine pfarramtliche Tätigkeit. Die besonderen Gründe, welche, wovon 
sogleich zu reden ist, die Mitglieber der höheren kirchenregimentlichen 
Behörden, der Konsistorien und des Evangelischen Oberkirchenrats, als 
Staatsbeamte erscheinen lassen, treffen bei den Superintendenten nicht 
zu. Letztere sind sonach nicht Staatsbeamte, auch nicht mittelbare, 
sondern Kirchenbeamte. Ebenso die zuletzt zitierte Entsch des OVG, 451 ff., 
sowie Theinert, VArch 16 104 ff., der mit Recht darauf hinweist, wie auch 
die Praxis die Kirchenbeamtenqualität der Superintendenten nicht be- 
zweifelt und sie darin zum Ausdruck bringt, daß diese Funktionäre rein 
kirchlich, ohne Gegenzeichnung des Kultusministers, angestellt werden, in 
charakteristischem Gegensatz zu der Form der Anstellung der höheren kirchen- 
regimentlichen Beamten, s. u. Kirchen- und nicht Staatsbeamte sind 
ferner die weltlichen Angestellten der Kirchengemeinden (vgl. OVG 19 46ff. 
und Pr VBl 23 689). Daß ferner von einer irgendwie gearteten staats- 
dienerlichen Eigenschaft der Organe der katholischen Kirche, vom Bischof 
bis herab zum niederen Kleriker und Unterbeamten der bischöflichen 
Behörde keine Rede sein kann, ist gleichfalls unstreitig. 
Streit dagegen herrscht über die rechtliche Natur des Dienstver- 
hältnisses der Mitglieder (und Angestellten) der höheren kirchenregi- 
mentlichen Behörden der evangelischen Kirche, des Oberkirchen- 
rats und der Konsistorien. Die in der Wissenschaft herrschende Meinung 
(ogl. besonders Hinschius, Preußisches Kirchenrecht 148ff., Schoen, Evange- 
lisches Kirchenrecht 1 232 ff., Friedberg, Lehrbuch des Kirchenrechts 212 
N. 9, Bierling im Aföff R 7 212 ff., Ketteler, In welchem Sinne sind 
in Preußen die Kirchenbeamten öffentliche Beamten?, 41 ff.) will einen 
Unterschied zwischen Pfarrer und Konsistorialrat nicht anerkennen; sie 
verneint die Staatsbeamtenqualität des einen wie des andern, indem 
sie es für logisch ausgeschlossen hält, daß Behörden wie die Konsistorien, 
die ihrer rechtlichen Natur und ihrem Wirkungskreis nach Kirchen- und 
nicht Staatsbehörden sind, mit Staats- und nicht mit Kirchenbeamten 
besetzt sein sollen. So insbesondere Hinschius a. a. O. 149 (Polemik wider 
den literarischen Hauptvertreter der Gegenansicht, Braun, Zeitschrift für 
Kirchenrecht 17 285 f.). Seine Ansicht geht dahin: die auf der ehemaligen
	        
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