324 Artikel 15. Sind die Konsistorialbeamten Kirchen- oder Staatsbeamte?
als Dienst in der „Kirchengesellschaft“ aufgefaßt, also, da die Kirchen-
gesellschaften nach dem ALR zu den Korporationen im Sinne des
§ 69 II 10 gehören (oben S. 312, 313), folgerichtig als mittelbarer Staats-
dienst, eine Auffassung, welche, wie gezeigt, durch Art. 15 ihren Boden
verloren hat. Auf die zur Ausübung der landesherrlichen Konsistorialrechte
(des Kirchenregiments) bestellten Beamten beziehen sich §§ 19, 96 II 11
nicht, können auch auf sie nicht bezogen werden, weil sie auf das
Dienstverhältnis dieser Beamten nicht passen. Die Mitglieder des
„geistlichen Departements“ (der Zentralinstanz für die kirchliche Ver-
waltung) und der Konsistorien erscheinen im ALFR II 11 nicht im text-
lichen oder sachlichen Zusammenhange mit den §F 19 und 96, sondern
ganz wo anders (§§5 113, 143 h. t.). Ihr Dienstverhältnis hat nichts zu
tun mit dem eigenartigen Korporationsdienst der Geistlichen, der dann,
wie geschildert, durch Art. 15 aus einem mittelbaren Staatsdienst zu
einem rein kirchlichen Dienstverhältnis geworden ist. Es ist mittel-
barer Staatsdienst niemals gewesen. Es konnte dies auch nicht sein,
da die Voraussetzung: die zwischen dem Beamten und dem Staat
eingeschobene, dem Staate im Sinne des § 69 II 10 „untergeordnete
Korporation oder Gemeinde“, fehlte: eine Korporation dieser Art
war eben nur die „Kirchengesellschaft“, die kirchliche Ortsgemeinde,
der der Geistliche dient, nicht aber die Kirche als Gesamtkirche, als
Landeskirche, mit deren Angelegenheiten der landesherrliche Kon-
sistorialbeamte betraut war. Die Landeskirche ist nach dem AL#n# keine
Korporation (s. oben S. 199, 249; übereinstimmend O# 20 455,
22 46), weder in dem besonderen Sinne des §s 69 II 10, noch in
irgend einem anderen Sinne. Die königlichen Konsistorialbeamten sind
jedenfalls nach dem ALR nicht mittelbare, sondern unmittelbare
Staatsbeamte und sie sind dies, wie zuerst das O# 22 44ff.
überzeugend nachgewiesen hat (vgl. auch die weiter oben zitierten
Schriften von Braun, Niedner und Theinert), auch unter der späteren
Gesetzgebung geblieben. Zunächst ganz sicher bis zur Verfassung. Bis
dahin galt die Tätigkeit der Konsistorien (eine vom Ministerium der
geistlichen Angelegenheiten losgelöste kirchliche Zentralinstanz ist erst
1849/50 geschaffen worden, s. oben S. 310) als reine Staatsverwaltung
ohne jeden Schein kirchlicher Selbständigkeit. Das Konsistorium war
Staatsbehörde nach seiner rechtlichen Natur, seinen Ressortverhältnissen,
seinem Geschäftskreis; seine Mitglieder und Beamten waren unmittel-
bare Staatsbeamte, die sich dienstrechtlich in nichts von anderen un-
mittelbaren Staatsbeamten unterschieden. Wie der Staat der evan-
gelischen Kirche in Gestalt seines Monarchen ihr Oberhaupt, ihren