Artilel 15. Sind die Konsistorialbeamten Kirchen- oder Staatsbeamte? 327
weist, daß das Gesetz sich den gegenzuzeichnenden Anstellungsakt als
eine staatsoberhauptliche Handlung denkt. Denn nur die Regierungs-
akte des Königs als solchen, nicht seine Entschließungen als summus
episcopus der evangelischen Landeskirche hat der Kultusminister gegen-
zuzeichnen (s. Näheres hierüber bei Art. 44).
Es entspricht also dem Willen sowohl der Verfassung wie des
Gesetzes vom 3. Juni 1876, daß die Konsistorialbeamten bis auf weiteres
bleiben sollen, was sie in Preußen stets gewesen sind: unmittelbare
Staatsbeamte. Daß der hierdurch bedingte Zustand — Kirchenbehörden,
deren Mitglieder nicht Kirchen--, sondern Staatsbeamte sind — etwas
Regelwidriges an sich trägt, wird nicht nur von den Gegnern der hier
vertretenen Auffassung hervorgehoben, sondern auch von ihren An-
hängern anerkannt und ist z. B. vom O stets eingeräumt (22 50,
325 450), dabei aber mit Recht betont worden, daß Regelwidrigkeit hier
nicht gleichbedeutend ist mit rechtlicher Unmöglichkeit. Hinzuzufügen
ist, daß „Regelwidrigkeiten“ dieser Art niemals einen Grund abgeben
können, um die Gültigkeit eines vom Gesetzgeber positiv gewollten
Rechtssatzes anzufechten, am wenigsten dann, wenn es sich, wie im
vorliegenden Falle, um eine Regel — die Trennung zwischen Staat
und evangelischer Kirche — handelt, welche von dem Gesetzgeber ge-
flissentlich nicht radikal, sondern nur mit Beschränkungen und Ausnahmen
durchgeführt ist. Es ist juristisch nicht erlaubt, das unter irgend einem
programmatischen Gesichtspunkte (hier dem des strengen Trennungs-
prinzips) „richtige“ Recht gegen das geltende Recht auszuspielen und
(dies gegen Hinschius, Preußisches Kirchenrecht 149, Schoen, Evangelisches
Kirchenrecht 1 233 N. 1) von letzterem zu behaupten, es gelte nicht,
weil es nicht „richtig“ sei.
Uberdies ist die behauptete Regelwidrigkeit doch auch nicht so
beispiellos, wie es scheinen möchte. Der Fall, daß die Behörde eines
Gemeinwesens besetzt ist mit Beamten nicht desselben, sondern eines
andern Gemeinwesens — oder, anders ausgedrückt, daß Wille und
Gewalt des einen Gemeinwesens gebildet und gehandhabt werden durch
Organe des andern, kommt auch sonst vor. Die Ortspolizeibehörde
ist in den preußischen Städten regelmäßig (nämlich überall außer in
den Städten mit unmittelbar staatlicher, „königlicher“, Ortspolizei)
eine Gemeindebehörde, ihre Beamten sind Gemeindebeamte; die von
ihr ausgeübte Polizeigewalt aber ist nicht Gemeindegewalt, sondern,
wie alle Polizei in Preußen (vgl. Meyer--Anschütz, St R 376), Staats-
gewalt. Die Offiziere des Landheeres sind, nach dem der deutschen
Heeresverfassung zugrundeliegenden Kontingentsprinzip (Anschütz, Enzykl.