Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

332 Artikel 15 als Garantie. 
Deshalb war es, als über die Wiederherstellung der Kirchenverfassung 
mit dem römischen Stuhle verhandelt wurde, nicht eine Gnade, sondern 
die Erfüllung einer wohlbegründeten Verpflichtung, wenn der Staat 
die Dotation der Bistümer und der zu ihnen gehörigen Institute 
übernahm, wie denn dies auch ausdrücklich sowohl während der Ver- 
handlungen selbst als später bei der Verkündigung des Resultates 
derselben, der Bulle De salute animarum vom Jahre 1821 anerkannt 
worden ist. Es ist bekannt, daß aus finanziellen Gründen die Radi- 
zierung der Dotationen der Bistümer und Kapitel auf die Staats- 
waldungen, bezw. die Ausstattung dieser Institute mit Grundbesitz nicht 
hat erfolgen können. Um so mehr aber ist der Staat zu fortgesetzter 
Leistung in der bisherigen Weise durch das Recht und seine Ehre 
verpflichtet. Den Dotationen der Bistümer und Kapitel der katholischen 
Kirche stehen für die evangelische Kirche die Kosten für die Organe 
der Verwaltung gegenüber. Auch diese sind nicht ein Geschenk des 
Staates, das beliebig widerrufen werden kann, sondern ihre Leistung 
beruht nicht minder auf einer Verpflichtung. Das Domanialgut des 
Staates ist zum größten Teile nach der Reformation aus geistlichen 
Gütern entistanden und noch in diesem Jahrhundert hat dasselbe auf 
der Grundlage des angeführten Edikts durch die Sekularisation einer 
Anzahl evangelischer Stifter einen sehr beträchtlichen Zuwachs erhalten, 
mit welchem zugleich die entsprechende Verpflichtung auf den Staat 
übergegangen ist“ . .. 
„Nach dieser Ausführung kann es mit Grund nicht bezweifelt 
werden, daß der Staat das dermalen bestehende Leistungsverhältnis 
nur durch einen Wort= und Treubruch hätte auflösen können, dessen 
Folgen auf ihn selbst zurückgefallen sein würden. Die Unterbrechung 
der gedachten Leistungen würde vorerst den rechtlichen Bestand der 
katholischen und evangelischen Kirche in Frage stellen“ . „Unmöglich 
kann aber das die Absicht des Staates sein, in dem Augenblicke, wo 
er den Kirchen ein selbständiges Leben gewährt, den Keim zu ihrem 
Tode zu legen. Eine solche Scheidung würde auf den Namen einer 
gerechten keinen Anspruch haben. Auch ist nicht nötig, auf das tiefe 
Interesse hinzudeuten, welches sich für den Staat an das Bestehen 
der Religionsgesellschaften knüpft. Der Staat, indem er sich von 
den Religionsgesellschaften scheidet, kann sich nicht scheiden 
wollen von der Religion, sondern auch in Zukunft muß er erwarten, 
daß ihm aus diesem Gebiete des geistigen Lebens ein Gewinn zugehen 
werde, der sein eigenes Gedeihen wesentlich fördert.“ — 
So die amtlichen „Erläuterungen“.
	        
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