352 Artikel 18. Prinzip und derogatorische Wirkung.
setzung der bischöflichen Stühle und anderer kirchlicher Stellen somit
nicht aufgehoben seien, sondern weiterhin in Kraft bleiben. Die ent-
gegengesetzte Meinung einzelner katholischer Abgeordneter (vgl. I. K.
1023, II. K. 1096) wurde durch entsprechende Abstimmungen ausdrück-
lich abgelehnt.
Zum zweiten Absatze des Artikels bemerkte dei Berichterstatter
des ZaAussch in seinem Schlußworte (I. K. 1024), ohne Widerspruch zu
finden, noch folgendes: der Satz sei so gefaßt, daß dadurch nicht etwas
Dispositives ausgesprochen werden soll, sondern nur gesagt, daß die Be-
stimmungen des ersten Absatzes keine Anwendung auf diese Verhältnisse
haben sollen. „Daraus folgt, daß nach dem Vorschlage des ZAussch
das Besetzungsrecht dem verbleibt, der es bisher gehabt hat und die
Erteilung der Fakultäten lediglich demjenigen, dem sie nach dem Kirchen-
recht zukommt.“
Wegen der Abänderung und Aufhebung des Artikels vgl. oben
S. 289ff., 293.
2. Das Prinzip und die derogatorische Wirkung des Art. 18.
— Der Artikel will, wie bei seiner Entstehung deutlich bekundet
(s. oben 351), das dem Staate kraft seiner „Staatshoheit“ zustehende
Ernennungs-, Vorschlags-, Wahl- und Bestätigungsrecht bei Besetzung
kirchlicher Stellen aufhebeen. „Staatshoheit“ ist die Hoheit des Staates
über die Kirche, das jus circa sacra. Der Sinn und das Prinzip des
Artikels gehen also dahin, daß — unter Beseitigung aller entgegen-
stehenden Bestimmungen des älteren Rechts — aus der staatlichen
Kirchenhoheit nicht mehr das Recht des Staates hergeleitet werden
dürfe, kirchliche Stellen zu besetzen (Ernennungsrecht) oder bei deren
Besetzung mitzuwirken (Vorschlags-, Wahl- und Beslätigungsrecht).
Wenn die „Erläuterungen“ dazu bemerken (oben S. 350), daß es sich
hier lediglich um eine Folgerung aus dem im Art. 15 ausgesprochenen
Grundsatz der kirchlichen Selbständigkeit handle, so geht dies insofern
zu weit, als in der Folgerichtigkeit jenes Grundsatzes nur solche Ein-
richtungen zu beseitigen sind, kraft deren der Staat die Besetzung
kirchlicher Amter und Stellen selbst vornimmt oder doch dabei einen
ausschlaggebenden positiven Einfluß ausübt, während eine rein aufsicht-
liche Betätigung der Staatsgewalt gegenüber dem kirchlichen Stellen-
besetzungsrecht in Form von Bestätigungen, Einsprüchen und ähnlichen
akzessorischen Willenserklärungen mit dem angegebenen Grundsatz ebenso
verträglich ist wie die staatliche Genehmigung, welche in vielen Fällen
zur Gültigkeit kirchlicher Verwaltungsakte erforderlich ist (s. hierüber
die Ausführungen oben S. 315—317).