362 Artikel 19. Die Zivilehe nach dem Personenstandsgesetz und dem BGB.
kundsperson, ist durch das Reichspersonenstandsgesetz, J+ 52, gehoben: der
Standesbeamte leitet den Eheschließungsakt, indem er die Verlobten
„einzeln und nacheinander“ befragt, „ob sie erklären, daß sie die Ehe
miteinander eingehen wollen“ und auf beiderseitige Bejahung den Aus-
spruch tut, „daß er sie nunmehr kraft des Gesetzes für rechtmäßig ver-
bundene Eheleute erkläre"“. Schließlich hat die geltende Gestalt der
Eheschließungsform, BGB 5„1317, unter Aufhebung des § 52 Pers.-St.-G.
in dem wesentlichen Punkte auf das System des preußischen Gesetzes
von 1874 zurückgegriffen. Nach BGB FF1317 wird die Ehe
„dadurch geschlossen, daß die Verlobten vor einem Standes-
beamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären,
die Ehe mit einander eingehen zu wollen. Der Standesbeamte
muß zur Entgegennahme der Erklärungen bereit sein.“
Diese Regelung stimmt mit dem preußischen Gesetz von 1874,
wie ersichtlich, darin überein, daß die Schließung der Ehe nicht von
sondern vor „einem“ (es braucht zur Erzielung einer gültigen Ehe
nicht der zuständige zu sein) Standesbeamten bewirkt, also nicht, wie
nach dem Pers.-St.-G. vom 6. Februar 1875 von dem Standesbeamten,
sondern von den Brautleuten erklärt wird. Es ist also der Konsens
der Brautleute in die Rolle des eigentlichen ehestiftenden Faktors
wieder eingesetzt und insoweit Übereinstimmung mit dem katholischen
Kirchenrecht (der Eheschließungsform des tridentinischen Konzils) her-
gestellt worden, während das System des Pers.-St.-G. mehr den im
evangelischen Kirchenrecht entwickelten Begriff der Trauung entsprach.
Der Standesbeamte des Pers.-St.-G. ist gewissermaßen an die Stelle
des die Verlobten „trauenden“ — d. h. zusammengebenden — Pfarrers
getreten; der des BE vollzieht nicht, wie jener, die Ehe-
schließung, sondern assistiert ihr nur; freilich ist diese Assistenz keines-
wegs eine bloß passive (wie nach dem Tridentinum), sondern, ebenso
wie nach dem preußischen Gesetz von 1874, eine aktive, sofern zur
Gültigkeit des Akts erfordert wird, daß der Standesbeamte „zur
Entgegennahme der Erklärung bereit“ ist, d. h. den Inhalt der Er-
klärung kennt und ihre Anhörung nicht verweigert. Jedoch ist (Unter-
schied von dem Gesetz von 1874) die Beurkundung der erfolgten
Entgegennahme durch Eintragung in das Heiratsregister nicht mehr
wesentliche, sondern unwesentliche Formalität, eine von den „Soll-
vorschristen“ über die Eheschließung, vgl. BGB 1318.
Mit der obligatorischen Zivilehe ist auch das Verbot der kirch-
lichen Trauung vor Vollziehung des Zivilaktes — oktr B Art. 16
Satz 2, s. oben S. 360 — aktuelles Recht geworden; vgl. jetzt § 67