Die Verfassungsartikel über das Unterrichts-
wesen (Drt. 20—20).
Die Reg Vorl enthielt über das Unterrichtswesen nur den Satz
(F 13): „Die Freiheit des Unterrichts ist nur den in den Gesetzen be-
stimmten Beschränkungen unterworfen.“ Sie schrieb hier einfach ab,
was in der belgischen Verfassung stand:
„Uenseignement est libre; toute mesure préventive est
interdite. La répression des délits n’est rglée que par la
lol“ (const. belge art. 17 al. 1);
— und glaubte damit, dem belgischen Vorbild gleich, über das Unterrichts-
wesen genug gesagt zu haben. Eine Nachahmung, die wohl weniger
auf Kenntnis und Absicht, als auf einem Mangel an Nachdenken be-
ruhte. Denn nähere Betrachtung mußte lehren, daß gerade im Punkte
des Unterrichtswesens Belgien für das deutsche Staatswesen kein Vor-
bild sein konnte.
Für Belgien hatte ein Satz wie jener art. 17, al. 1, welcher das
Prinzip der Unterrichtsfreiheit voranstellt, den Privatunterricht als Regel,
die öffentliche Schule nur als Ausnahme gelten läßt (art. 17 a. a. O.
fährt in al. 2 fort: „l’instruction publique, donnée aux frais de
IEtat, est également réglée par la loi“), seinen guten Sinn. Er
entsprach den dort herrschenden Verhältnissen und Anschauungen. In
Belgien hatte die Sorge für die Volksbildung niemals so wie in Deutsch-
land als Staatsaufgabe gegolten; der Unterricht lag aber nicht so sehr
in den Händen von Privatpersonen als vor allem in denen der katho-
lischen Kirche und ihrer Geistlichkeit. Daß es bei diesem Zustande
verbleiben dürfe oder vielmehr verbleiben müsse, darüber scheint man
bei der Konstituierung des belgischen Staates allseits einig gewesen zu
sein. Der Klerikalismus forderte in und mit der rechtlichen Freigabe
des Unterrichts die faktische Herrschaft der Kirche über die Schule und
der Liberalismus hatte gegen diese Forderung, von deren Erfüllung
Kirche und Klerus ihre Mitwirkung bei der Herstellung der Unabhängig-
keit des Landes abhängig machten, nichts einzuwenden. In diesem