370 Artikel 20. Entstehungsgeschichte.
insbesondere den über die Freiheit der Meinungsäußerung, genügend
gewahrt sei —; andererseits für unrichtig, — indem die Lehre nach
Inhalt der folgenden unterrichtsrechtlichen Artikel nicht ganz frei sein
solle, sondern unter Aufsicht des Staates stehe —, endlich auch nicht
für geeignet, um volle Beruhigung zu gewähren, da auch bei An-
nahme des Satzes eine genügende Bürgschaft, z. B. dafür, „daß seitens
der Regierung keine Richtung der religiösen Lehre oder der Wissen-
schaften bevorzugt werde“, nicht gewährt sei. Im Plenum der I. K.
waren die Meinungen geteilt. Gegen die beantragte Streichung des
Artikels sprachen die Abgeordneten Burmeister, v. Vincke, Ritter, Kisker,
sowie außerdem, wie erwähnt, der Minister (I. K. 1037—1040), wobeie
Burmeister und Kisker unter den Regierungsmaßregeln, die der Artikel
unmöglich machen werde, die in vormärzlicher Zeit beliebten Verbote
des Besuchs gewisser Universitäten aufzählten und Ritter, der liberlen
Forderung vom ultramontanen Standpunkte aus sekundierend, den
Artikel als „Palladium für die Lehrfreiheit der katholischen Kirche“
empfahl. Für den Antrag des Züussch trat der Abgeordnete Nitzsch
(o. a. O. 1039) ein, der die Argumente des Ausschußberichts noch durch
den Hinweis darauf zu verstärken suchte, daß der Artikel die diszipli-
narische Bestrafung solcher, „die im Lehramt stehen, wegen ihrer Lehre“
ausschließe und überhaupt „ein wirklich notwendiges Aufsichtsverfahren
präkludiere“. Doch führten diese Bedenken nicht zur Streichung des
Artikels, sondern nur zur Annahme eines Antrages v. Vincke, welcher
dem Satze „die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei“ den anderen hin-
zufügte: „Die Bestimmungen gegen den Mißbrauch dieser Freiheit
enthält das Unterrichtsgesetz“ (I. K. 1040).
Die Revstomm der II. K. befürwortete (II. K. 1196) die einfache
Beibehaltung des Artikels, ohne den Vinckeschen Zusatz. Der Artikel sei
„im Hinblick auf gewisse Tendenzrücksichten, welche hier und da, sowohl
bei der Auswahl als bei der Beaufsichtigung des Lehrerpersonals, z. B.
in den theologischen und politischen Wissenschaften und sonst in hohem
Maße hervorgetreten sind“, nicht überflüssig. Er drücke aus, daß der
Staat der Wissenschaft und ihrer Lehre keine anderen Schranken setzen
wolle „als solche, die sich in eine für alle gleichmäßig geltende und
nur auf dem offenen Wege der Gesetzgebung zu ermittelnde Regel
fassen lassen“. Das Amendement Vincke enthalte eine Selbstverständ-
lichkeit und sei deshalb abzulehnen. Die II. K. (1220, 1221) beschloß
diesem Kommissionsantrag entsprechend. Die Differenz der beiden
Kammern wurde dadurch beseitigt, daß ihr Gegenstand, das Amendement
Vincke, von der I. K. fallen gelassen wurde, wobei die I. K. sich von