386 Artikel 21. Die dem Unterrichtszwang unterworfenen Personen.
Richtung positiver Wohlfahrts- und Kulturförderung erlassen sind, alle
im Staatsgebiet, ohne Ansehen der Staatsangehörigkeit, verbinden.
Beispiele bieten der Versicherungszwang des Arbeiterversicherungsrechts
und — eine hier besonders naheliegende Analogie — der Fortbildungs-
schulzwang, dem nach § 120 der Gewerbeordnung die dort bezeichneten
Kategorien jugendlicher Arbeiter durch Landesgesetz oder Ortsstatut unter-
worfen werden können: die im Inlande beschäftigten ausländischen Arbeiter
sind weder von jener noch von dieser Zwangsverpflichtung befreit. Ander-
wärts ist denn auch der Satz, daß die allgemeine Schulpflicht sich nur
auf die Inländer erstrecke, keineswegs anerkannt, so z. B. nicht in Bayern
und Baden (vgl. Seydel, Bayerisches St R 3 647, 648, Walz, Badisches
StR 434, Max Müller a. a. O. 218).
Geht man von der in Preußen herrschenden entgegengesetzten
Ansicht aus, so würde, da alsdann der Unterrichtsverwaltung das
Recht, die Kinder von Nichtpreußen zum Schulbesuch herunzuziehen,
nicht zusteht, zur Begründung dieses Rechts ein Gesetz, oder, falls
man es vorzieht, die Angelegenheit durch Verträge mit den Heimats-
staaten der Betreffenden unter Ausbedingung der Gegenseitigkeit (schul-
rechtliche Gleichbehandlung der in dem andern Staate sich aufhaltenden
preußischen Kinder mit den Inländern) zu ordnen, die legislative Be-
handlung dieser Verträge nach Art. 48 der Verfassung — Einholung der
Zustimmung des Landtags und Publikation in der GS — erforderlich
sein. Unter diesem Gesichtspunkte sind die Bedenken Loenings im Jahrb
öff R 3 107 N. 1 gegen die Rechtsverbindlichkeit der administrativen
Vereinbarungen, welche die preußische Staatsregierung ausweislich des
Min Erl vom 13. November 1876 (s. v. Bremen, Die preußische Volks-
schule 598ff.) mit den Regierungen der meisten andern deutschen Einzel-
staaten abgeschlossen hat, wonach die diesen Staaten angehörigen Kinder
während ihres Aufenthalts in Preußen wie die Kinder der Inländer
zum Unterricht bzw. Schulbesuch gezwungen werden sollen, unzweifel-
haft begründet. Jene Vereinbarungen sind nur dann nicht staatsrecht-
lich anfechtbar, wenn das, was sie aussprechen — die Gleichstellung
der in Preußen aufhältigen Landesfremden mit den Inländeim hin-
sichtlich des Unterrichtszwanges — in Preußen bereits Rechtens war
und ist. Aber dann sind sie auch überflüssig.
II. Anfang und Ende des schulpflichtigen Alters (s. oben S. 384)
ist durch die oben S. 383, 384 angegebenen Gesetze bestimmt. Jedoch
nicht gleichmäßig. Nach A#F II 12 88 43, 46 beginnt das schulpflichtige
Alter mit der Vollendung des fünften Lebensjahres; ein zeitlich
bestimmter Endpunkt ist ihm nicht gesetzt, vielmehr soll der Unterricht