Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

390 Artilel 22. Entstehungsgeschichte. 
Nr. 3), insbesondere durch zwangsweise Gestellung der säumigen Schul- 
kinder, eventuell mit Hilfe der (dann als Vollstreckungsorgane der Schul- 
behörden auftretenden) Polizeibehörden gebrochen werden. 
Artikel 22. 
Unterricht zu erteilen und Unterrichtsanstalten zu gründen 
und zu leiten, steht jedem frei, wenn er seine sittliche, wissen- 
schaftliche und technische Zefähigung den betreffenden Staats- 
behörden nachgewiesen hat. 
1. Entstehungsgeschichte. — Die entsprechende Vorschrift der 
Reg Vorl (7& 13 derselben) und ihr belgisches Vorbild sind oben S. 364 
wiedergegeben. Enger noch als § 13 der Regorl schloß sich an den 
Art. 17 der belgischen Verfassung der Komm Entw der NatWer. an, 
dessen Art. 22 in Satz 1 und 2 bestimmt: „Unterricht zu erteilen und 
Unterrichtsanstalten zu gründen, steht jedem frei. Vorbeugende, be- 
engende Maßregeln sind untersagt.“ 
An diesen Proklamationen einer schrankenlosen Unterrichtsfreiheit 
üben die amtlichen „Erläuterungen“ (S. 18ff.) eine scharfe Kritik, aus 
der hier folgende Sätze wiedergegeben seien: Die Nat Ver sei, so heißt 
es, von der Ansicht ausgegangen, „als sei die Freiheit, zu unterrichten, 
ein Grundrecht eines jeden Staatsbürgers“"“. Das sei bedenklich und 
zu bestreiten. „Unterricht und Erziehung fremder Kinder ist nicht ein 
Urrecht jedes Staatsbürgers, sondern ein abgeleitetes, von den Elterm 
auf den Lehrer übertragenes Recht.“ „Selbst das Erziehungsrecht der 
Eltern ist kein unbedingt unbeschränktes. Ist also selbst das natürliche 
Recht des Vaters vom Gesetz unter gewisse Schranken und Bedingungen 
gestellt, so dürfte um so weniger für das abgeleitete Recht eines Dritten 
eine unbedingte Gewährleistung in der Verfassung gefordert werden 
können.“ Die unbedingte Freigabe des Privatunterrichtes, wie der 
KommEntw der Naters sie wolle, könne aber auch aus anderen 
Gründen nicht zugestanden werden. Die Benutzung der von Staat 
und Gemeinde mit großen Aufwendungen pflichtmäßig eingerichteten 
öffentlichen Schulen müsse als Regel anerkannt und somit die Erlangung 
der vom Staate zu fordernden Bildung gesichert, „nicht aber durch 
unbeschränkte Freigebung jedes Privatunterrichts die Bildung seiner 
(des Staates) Angehörigen einem möglicherweise ungenügenden und 
selbst seinem Bestehen feindlichen Erfolge ausgesetzt und überlassen 
werden.“ Jedenfalls müsse von dem, welcher Privatunterricht erteilen will,
	        
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