Artikel 23. Entstehungsgeschichte. Verhandlungen der Revisionskammern. 403
in der Gestaltung der Pensions- und Hinterbliebenenversorgungs-
verhältnisse der Lehrer liege). Auch der erste Satz wurde von der
Kammer genehmigt, jedoch unter Streichung des Wortes „eigener“.
Diese Streichung wurde beschlossen, nachdem sie von dem Abgeordneten
v. Kleist--Retzow beantragt und von dem Minister im Interesse eines
„freieren Organisationsrechts der Regierung“ befürwortet worden war
(II. K. 1229); man wollte hierdurch das Recht der Regierung, Geistliche
zu Schulaufsichtsbeamten zu ernennen, außer Zweifel stellen. Mit
demselben Argument setzte der Minister die Streichung des „eigener“
in der I. K. durch. Wenn dieses Wort stehen bliebe, meinte er, könnte
leicht gefolgert werden, daß die Aufsichtsbehörden „ausschließliche“ sein
müßten, während die Regierung sich häufig in der Lage befinden
werde, Männer, die bereits ein anderes Amt verwalten, „vorzugs-
weise aber auch Geistliche", mit der Schulinspektion zu beauftragen;
„um darin nicht behindert zu sein, erscheine es wünschenswert, daß der
Ausdruck „eigener“ wegbleibt (I. K. 1959). Das Verbot der Ver-
wendung von Geistlichen im Schulaufsichtsdienst, welches die Komm der
Nat Vers mit dem Worte „eigener“ aussprechen wollte (oben S. 399, 400),
war damit aufgehoben. Weitergehende Forderungen, welche das, was
die Nat Vers verboten hatte, nunmehr in einem gewissen Maße ge-
bieten, — die es der Regierung zur verfassungsmäßigen Pflicht machen
wollten, Vertreter der Kirche bei der Handhabung der staatlichen Schul-
aufsicht zu beteiligen (Anträge v. Bethmann Hollweg, Delius, I. K. 1055,
1056) wurden in diesem Zusammenhange abgelehnt, fanden jedoch bei
den Verhandlungen über den nächsten Verfassungsartikel insoweit Ent-
gegenkommen, als der dort von der I. K. als Abs. 1 des Art. 24 ein-
gestellte allgemeine Satz: „bei der Einrichtung der öffentlichen Volks-
schulen sind die konfessionellen Verhältnisse möglichst zu berücksichtigen“
nachweislich in der Absicht beantragt und angenommen wurde, um der
Kirche — unter anderem — auch einen gemwissen (freilich nach Art
und Maß nicht näher vorgezeichneten) Einfluß auf Schule und Schul-
aufsicht zu verschaffen. Vgl. hierzu unten bei Art. 24 S. 432ff., 438, 439.
Hatten die vorerwähnten Anträge die reine Staatlichkeit der Schul-
aufsicht intakt lassen wollen, so fehlte es doch auch in beiden Revisions-
kammern nicht an Stimmen, welche sich gegen das Prinzip als solches
wandten und — das ist der Kern der hierher gehörigen Außerungen
und Anträge — für eine irgendwie geartete Gemeinsamkeit oder
Teilung der Schulaufsicht zwischen Staat und Kirche ein-
traten. So, abgesehen von dem bereits erwähnten Antrag Ritter
(oben S. 402) der Antrag Brüggemann (I. K. 1041, 1042, 1067f..),
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