Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Artikel 23. Schulaufsicht und Verwaltung der inneren Schulsachen. 415 
Insbesondere ist in der den Behörden der staatlichen Unter- 
richtsverwaltung übertragenen Schulaufsicht die Verwaltung der 
inneren Schulangelegenheiten stets inbegriffen gewesen. 
Daß man hierüber auch bei der Beratung des Art. 23 nicht anders 
dachte und unter der „Aussicht“ über die Schulen die Verwaltung 
der interna mitverstand, beweisen die Materialien. Hinzuweisen ist 
zunächst auf die oben S. 401 mitgeteilten Sätze der „Erläuterungen“. 
In dem gleichen Zusammenhange bemerken die „Erläuterungen“, daß 
dem Staate in und mit der Beausfsichtigung auch die Organisation 
der Schulen zustehe. In der I. K. äußerte sich der Unterrichts- 
minister, unter scharfer Betonung des „Staatsanstalts“= Gedankens, 
daß, wenn der Staat die Sorge für die Ausbildung sder Jugend 
übernehme, ihm auch überlassen bleiben müsse, „zu bestimmen, wie 
dies auszuführen ist“ (I. K. 1053, Sinn: die Regelung und Leitung 
des Schulunterrichts ist Staatsverwaltungssache). Das projektierte 
Unterrichtsgesetz werde örtliche Schulvorstände bilden, in denen auch 
VBertreter der Gemeinde und der Kirche Sitz und Stimme erhalten 
würden; diese Schulvorstände würden nicht nur „äußere“, sondern auch 
„innere“ Schulangelegenheiten wahrzunehmen haben, „die inneren 
aber nicht im Auftrage der Gemeinde oder Kirche, sondern 
ausschließlich im Auftrage des Staates (I. K. 1055). Derselbe 
Minister (immer vom Art. 23 Abs. 1, also von der Schulaussicht sprechend) 
sagte in der II. K.: „Die Leitung des Unterrichts muß die 
Regierung für sich allein in Anspruch nehmen, darf sie nicht der 
Kirche überlassen . .. Die Leitung des Unterrichts muß Sache des 
Staates sein und bleiben“ (II. K. 1206). Der Abg. Stiehl stimmte 
dem Minister zu: „Die Staatsgewalt ist ebensoweit davon entfernt, 
das Recht der Organisation und Leitung des Unterrichts irgend 
jemand anderem zu überlassen, als sie davon entfernt sein muß, es 
in seinem Prinzip mit jemand zu teilen“ (II. K. 1209)). „wer 
die Schule hat, hat die Zukunft, der preußische Staat aber wird 
seine Schule behalten (das. 1210). Und der Abg. Keller, die Unter- 
ordnung der Lehrer unter die staatlichen Schulaussichtsbehörden hervor- 
hebend: „Jeder Lehrer, und wenn er über die kleinste Schule gesetzt 
ist, steht in unmittelbarer Verbindung mit dem Staat“ (II. K. 1243). 
Daß diese Anschauungen von den Mehrheiten beider Revisionskammerm 
durchaus geteilt wurden, beweist die Ablehnung der oben S. 403, 
404 angegebenen, auf Schmälerung der Staatshoheit zugunsten der 
Kirche, auch woyl der Gemeinde (Antrag Kellner, s. oben S. 404) zie- 
lenden Anträge.
	        
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