422 Artikel 23. Rechtliche Stellung der Volksschullehrer.
4. Auch das Gesetz betr. die Heranziehung der Beamten, Elementar-
lehrer und unteren Kirchendiener zur Gemeindeeinkommensteuer vom
16. Juni 1909 (GS 489) bringt keine Entscheidung. Es stellt, in Über-
schrift und Text, die Elementarlehrer in Gegensatz zu den Beamten,
und zwar nicht nur zu den unmittelbaren, sondern auch zu den mittel-
baren; der Gegensatz ist aber, wie in der StO, §# 17 und 30 (s. oben
S. 420), ein nur äußerlicher, und gestattet keinen weiteren Schluß als
den, daß der Gesetzgeber die alte Frage der Rechtsstellung der Lehrer
wiederum offen gelassen hat.
5. Eine Erledigung der Frage schienen endlich die parlamenta-
rischen Verhandlungen über das Gesetz über die Haftung des Staates
und anderer Verbände für Amtspflichtverletzungen von Beamten bei
Auslübung der öffentlichen Gewalt vom 1. August 1909 (GS 691)
herbeiführen zu wollen. Vgl. insbesondere HH 1909, 392ff., 450ff.,
Hd Abg 1909, 7567ff.
Der in der Session 1908/09 zuerst dem Hd Abg vorgelegte Entwurf
dieses Gesetzes unterschied, wie das fertige Gesetz, unmittelbare Staats-
beamte und Kommunalbeamte, bei jenen den Staat (519), bei diesen den
betreffenden Kommunalverband für allein haftbar erklärend. Die „Lehrer
und Lehrerinnen eines Schulverbandes“ (im Gegensatz zu den Lehrern
an den rein staatlichen Unterrichtsanstalten, s. unten S. 429, 430) waren,
getreu der seither befolgten gesetzgeberischen Methode (s. oben) und der
Verwaltungspraxis weder der einen noch der andern Beamtenkategorie
zugewiesen, sondern in äußerem Gegensatz zu beiden als Gruppe für
sich behandelt und, durch § 5 des Entwurfs, bezüglich der Haftpflicht
den grundlegenden Bestimmungen — §& 1—3 — unterworfen worden,
„mit der Maßgabe, daß an die Stelle des Staates der Schulverband
tritt“. Schon diese textliche Anordnung ließ erkennen, daß die Staats-
regierung die Lehrer nicht als unmittelbare Staatsbeamte, aber auch
nicht als Gemeindebeamte, sondern als ein Drittes angesehen wissen
wollte; und daß dies in der Tat die Meinung war, hat der Justiz-
minister in beiden Häusern ausdrücklich erklärt (Hd Abg a. a. O. 7573,
Hä451). Gegner und Anhänger der Regierung spotteten im Land-
tage über diesen (für den Kundigen ja nicht neuen) Standpunkt, der
die Lehrer als „nicht Fleisch, nicht Fisch", „Amphibien", „drittes Ge-
schlecht" behandle, eigneten sich auch (HH451, 452), in gewichtigerer
Kritik, das Wort von Preuß an, der den Begriff des „mittelbaren
Staatsbeamten schlechthin, welcher keines engeren Gemeindewesens un-
mittelbares Organ ist“, für ein Unding und juristisches Monstrum er-
klärt hatte (Preuß, Recht der städtischen Schulverwaltung 82).