Artikel 23. Rechtliche Stellung der Volksschullehrer. 423
Demgegenüber verteidigte die Staatsregierung ihren Entwurf damit,
daß er bezüglich der Rechtsstellung der Lehrer nichts anderes sage, als was
in Preußen schon immer gegolten habe, daß es unter allen Umständen
vermieden werden müsse, in einem Sondergesetz wie dem vorliegenden
allgemeine staatsrechtliche Fragen in einer Weise zu regeln, die bisher
nicht anerkannt war, und daß, obgleich die Lehrer Gemeindebeamte
nicht seien, auch durch den Entwurf nicht zu solchen gemacht werden
sollten, die Haftung für ihre Amtspflichtverletzungen dennoch der Ge-
meinde auferlegt werden müsse, da diese Haftpflicht zur Schullast ge-
höre, Träger der Schullast aber nach der Verfassung, Art. 25 Abs. 1,
die Gemeinde sei (HH 393ff., 396, HdAbg 7572). Die Bezugnahme auf
Art. 25 mußte zu dem Zugeständnis führen (HH 394, Hd Abg 7572),
„im Falle des Unvermögens ergänzungsweise“ den Staat eintreten zu
lassen, m. a. W. leistungsunfähigen Gemeinden, welche aus dem Gesetze
in Anspruch genommen werden, das, was sie haben zahlen müssen,
aus der Staatskasse zu vergüten. „Damit ist der Grundsatz festgehalten,
daß die Gemeinden haften und der Staat nur aushilfsweise eintritt"
(Justizminister Dr. Beseler, HH394).
Unter Zustimmung der Staatsregierung beschloß das Hd#bg, daß
die Leistungsfähigkeit ohne weiteres angenommen werden und infolge-
dessen die Staatshilfe eintreten solle bei Schulverbänden mit weniger
als 25 Schulstellen, welche dauernde Ergänzungszuschüsse aus Staats-
mitteln erhalten, sowie bei solchen, welche von ihrer gesetzlichen Be-
fugnis zur Wahl der Lehrer keinen Gebrauch machen. — In dieser
Gestalt: Hastung der Gemeinde bzw. des Schulverbandes für die
Lehrer, mit ausgedehnter Beihilfepflicht des Staates, gelangte der Ent-
wurf an das HH, dessen Kommission dem vielumstrittenen § 5 des
Entwurfs die Fassung gab:
„Die Vorschriften der §# 1—3 (Haftung des Staates für un-
mittelbare Staatsbeamte) finden auf die Lehrer und Lehrerinnen
eines Schulverbandes Anwendung“: —
die folgenden „Maßgaben“ aber, daß an Stelle des Staates der Schul-
verband trete und daß leistungsfähige Schulverbände usw. vom Staate
schadlos zu halten seien, ablehnte, m. a. W. die Haftung für die Lehrer
dem Staate auferlegte. Obwohl der Justizminister gegen die hierdurch
bekundete Gleichstellung der Lehrer mit den unmittelbaren Staats-
beamten nachdrücklich protestierte und für den Fall des Festhaltens an
dem Kommissionsbeschluß das ganze Gefetz als unannehmbar bezeichnete,
trat das HH seiner Kommission bei (HH 394, 395ff., 407). Schließlich
wurde das dicht vor dem Scheitern stehende Gesetz dadurch gerettet,