Artikel 24. Berücksichtigung der konfessionellen Verhältnisse. 439
Gedanken tritt der zweite hinter dem ersten sehr zurück. Sachliche
Neuerungen sollte er — so, wie die Staatsregierung und beide Revisions-
kammern ihn verstanden — nicht in sich schließen. Die Regierung
(ogl. die Außerungen des Unterrichtsministers I. K. 1074, 1959, 1960,
II. K. 1229, vgl. oben 403, 435) hatte dabei einerseits die Aufnahme
von Geistlichen in die Ortsschulbehörde („Schulvorstand“, s. oben 435),
andererseits die Ernennung der Geistlichen zu Ortsschulinspektoren im
Auge. Beides, längst schon Brauch und Rechtens, sollte der Kirche als
Ersatz dienen für die von ihren Parteigängern vergeblich geforderte
„Mitaufsicht“, richtiger Mitherrschaft über die Schule. Daß die „mög-
lichste Berücksichtigung“ eine Beteiligung kirchlicher Faktoren auch bei
den höheren (nicht lokalen) Instanzen der Unterrichtsverwaltung be-
dinge, wurde von dem Minister ohne Widerspruch in den beiden
Kammern verneint (I. K. 1960, II. K. 1234).
Weit mehr als der zweite stand bei der Beratung des Abs. 1
der erste jener beiden Gedanken im Vordergrunde: der Gedanke der
Konfessionsschule. In der Hauptsache erscheint Abs. 1 als eine Ent-
schließung der verfassunggebenden Faktoren zugunsten der Konfessions-,
im Gegensatze zur Simultanschule. Der Urheber dieser Entschließung,
Abgeordneter Brüggemann, dachte dabei sogar nur an das Gebot der
konfessionellen bzw. das Verbot der simultanen Schule; das, was sich
noch weiter in den Begriff „Berücksichtigung der konfessionellen Ver-
hältnisse“ hineinlegen läßt: die Beteiligung der Kirche bei der Unter-
richtsverwaltung wollte er ja zum Gegenstande besonderer Vorschriften
machen, welche dann allerdings abgelehnt wurden (oben S. 434—436).
Auch die Revr Komm II. K. sah in dem Satz von der „Berücksichtigung“
lediglich eine Proklamation des Prinzips des Konfessionsschule, so daß
sie, diesem Prinzip grundsätzlich abgeneigt, den Satz verwarf (oben
S. 436). Auch der Unterrichtsminister hat, wie seine Reden in beiden
Kammern klar erkennen lassen, mit dem Satze „die Konfessionsverhältnisse
sind möglichst zu berücksichtigen“ ganz vorzugsweise den Sinn verbunden:
die Konfessionsschule soll in Preußen die Regel, die Simultanschule
die Ausnahme sein. Vgl. insbesondere die Bemerkungen I. K. 1074
(oben S. 435), aus denen hervorgeht: einmal, daß der Minister sich
das Verbot der Simultanschule nicht als ein ausnahmsloses dachte und
sodann, daß das System der Konfessionsschule der Staatlichkeit der
Schulaussicht keinen Abbruch tun soll.
Die Ausdrücke „Konfessions= (oder „konfessionelle“) bzw. „Simultan-
schule“ kehren in den parlamentarischen Verhandlungen über Abs. 1
häufig wieder, ohne daß die, welche sie gebrauchten, es nötig fanden,