Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Artikel 24. Konfessionsschule und Simultanschule. 441 
Ortsschulinspektors und (von früher ganz seltenen Ausnahmefällen ab- 
gesehen) auch des Kreisschulinspektors ausschließlich Geiftlichen im Neben- 
amte zu übertragen. 
Dieselbe Freiheit der Unterrichtsverwaltung, kraft deren diese den 
religiös-kirchlichen Interessen Rechnung trug, ohne dazu rechtlich ver- 
pflichtet zu sein, bestand im größten Teile des Staates auch in dem 
Hauptpunkte der „Berücksichtigung der konfessionellen Verhältnisse“: in 
der Frage der konfessionellen oder simultanen Einrichtung der Volks- 
schulen. Nur in drei provinziellen Rechtsgebieten war diese Frage in 
dem einen oder andern Sinne gesetzlich entschieden: in Hannover und 
Schleswig-Holstein, wo (dort durch das Gesetz über das christliche Volks- 
schulwesen vom 26. Mai 1845, hier durch die Schulordnung vom 
24. August 1814) die Konfessionsschule, — und im ehemaligen Herzog- 
tum Nassau, wo durch das Edikt vom 24. März 1817 die Simultan- 
schule eingeführt war. Dem in den übrigen Landesteilen geltenden 
Recht waren solche gesetzliche Festlegungen fremd. Es ist zwar in 
einem zeitweise mit Eifer und Lebhaftigkeit geführten wissenschaftlichen 
Streit (Näheres bei G. Meyer, Deutsches Verwaltungsrecht, 2. Aufl., 
1 238 N. 14, Hinschius, Kirchenrecht 4 589 N. 1) von der einen Seite (Gneist) 
behauptet worden, daß das A#n die Konfessionsschule verbiete und 
umgekehrt von andern (Bierling), daß es sie als Regel vorschreibe, 
indes trifft weder die eine, noch die andere Meinung das richtige. 
Der Bierlingschen Ansicht ist zuzugestehen, daß einzelne Landrechts- 
sätze, besonders §§ 10, 11 II 12 ALn, die Schule offenbar als eine für 
ein Bekenntnis bestimmte Anstalt voraussetzen und niemand bestreitet, 
daß solche konfessionell ungemischten Schulen zur Entstehungszeit des 
A# die tatsächlich herrschende Regel bildeten. Aber daraus darf 
doch nicht gesolgert werden, daß das ALn diese tatsächliche Regel zu 
einer rechtlichen erhoben und das Widerspiel der Konfessionsschule, die 
Simultanschule, verboten habe. Der landrechtliche Träger der Schul- 
last, die Gesamtheit der „Hausväter jedes Ortes“ (s. unten bei Art. 25 
S. 472, 473), ist nicht notwendig ein konfessionell einseitiger Verband, er 
ist dies sogar nicht einmal regelmäßig, denn §# 29 II 12 ALn sagt: „Wo 
keine Stiftungen für die gemeinen Schulen vorhanden sind, liegt die 
Unterhaltung der Lehrer den sämtlichen Hausvätern jedes Ortes 
ohne Unterschied des Glaubensbekenntnisses ob.“ Es geht freilich 
auch anders: „Sind jedoch“, so fährt das Gesetz, 5 30 h. t., fort, „für die 
Einwohner verschiedenen Glaubensbekenntnisses an einem Orte 
mehrere gemeine Schulen errichtet, so ist jeder Einwohner nur 
zur Unterhaltung des Schullehrers von seiner Religions-
	        
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