Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Art. 26. Gesetz und Verordnung auf dem Gebiete des Unterrichtswesens. 495 
der absoluten Krone, unbeschränkt Rechtsnormen in Schulsachen zu setzen, 
sondern er konserviert das Schulrecht des absoluten Staates, z. B. 
A#n II, 12, die schlesischen Schulreglements von 1765 und 1801, die 
preußische Schulordnung von 1845, die Regierungsinstruktion von 1817, 
*##18 usw., er läßt außerdem, selbstverständlich, unberührt das Recht der 
Regierung, im Verordnungswege alles zu regeln, was nach allgemeinen 
staatsrechtlichen Grundsätzen (Art. 45 der Verfassung) im Verwaltungs-, 
daher auch im Verordnungswege geregelt werden kann, z. B. die Behörden- 
organisation (s. oben 492). Die Arndtsche Theorie ist von mir aus- 
führlich widerlegt worden (Anschütz, Gegenw. Theorien 66ff.); wäre sie 
richtig, so hätten die zahlreichen Materien, welche man durch Gesetze 
geordnet hat: Besoldung, Pensionierung, Hinterbliebenenversorgung der 
Lehrer, Schullastenerleichterung, Schulunterhaltung, im Verordnungs- 
wege normiert werden können. Warum hat die Staatsregierung von 
dieser, ihrer Macht so günstigen Arndtschen Auslegung des Art. 112 
bzw. Art. 26 Satz 2 keinen Gebrauch gemacht, warum nicht z. B. das 
Vl G als königliche Verordnung erlassen? Sicher, weil sie die Aus- 
legung für unrichtig hielt. Dafür, daß sie dieselbe für unrichtig hält, 
fehlt es auch sonst nicht an Zeichen. So spricht sich der Erlaß des Unter- 
richtsministers vom 9. Februar 1898 (U. III. B. 3399) abgedruckt bei 
v. Bremen, Volksschule 523, dahin aus, daß eine Anderung der 
den Regierungen durch die Regierungsinstruktion von 1817 (5 18) zu- 
gewiesenen Befugnisse in Schulsachen „im Verwaltungswege nicht an- 
gängig wäre“, — legt also der Regierungsinstruktion insoweit formelle 
Gesetzeskraft bei was ganz gewiß richtig, ebenso gewiß aber mit der 
Ansicht Arndts unvereinbar ist. 
Hubrich hat — Hirths Ann. 1907 89ff., 96ff. — die Arndtsche 
Meinung wieder ausgenommen, jedoch nur für die Rechtslage vor der 
Ersetzung des Art. 112 durch den neuen Art. 26 Satz 2 durch die „lex 
Schiffer“ (oben 489), während er — g. a. O. 99, 100 — das heutige 
Recht, Art. 26 Satz 2, ganz im Sinne meiner, seinerzeit gegen Arndt 
verfochtenen, Ansicht interpretiert. Er meint aus der Entstehungs- 
geschichte des Art. 112 schließen zu dürfen, daß man damals beabsichtigt 
habe, die Unterrichtsverwaltung nicht nur von den Art. 20—21, sondern 
auch „von der Herrschaft des Prinzips des Art. 62 der Verfassung“" 
(wonach, wie die herrschende Meinung, und mit ihr auch Hubrich, an- 
nimmt, Rechtsnormen aller Art grundsätzlich nur im Wege der Gesetz- 
gebung erlassen werden dürfen), zu befreien (a. a. O. 96, 99), oder, 
— anders ausgedrückt — außer den Art. 20—25 auch noch den Art. 62 
für das Gebiet des Schul= und Unterrichtswesens zu suspendieren.
	        
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